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Leitartikel: Traum vom billigen Fernseh-Fußball

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Leitartikel: Traum vom billigen Fernseh-Fußball

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    Halten wir fest: Einer englischen Kneipen-Chefin namens Karen Murphy waren die Kosten für das Fußball-Abonnement der Premier League beim britischen Bezahlsender BSkyB zu teuer. Deshalb orderte sie einen Satellitenreceiver, in den die weitaus günstigere Decoderkarte des griechischen Senders Nova passte. Die Mediennutzungsrechte für das Ausland werden vom jeweiligen Anbieter natürlich erheblich billiger verkauft als für den heimischen Markt: In diesem Fall England. So flimmerten in Murphys Pub die Fußballspiele von Manchester United oder dem FC Liverpool live und in Farbe über den Bildschirm, den griechischen Kommentar drehte sie kurzerhand ab. Es lief der Radioton der BBC.

    Fast logisch, dass die Premier League gegen diesen Ideenreichtum der Wirtin klagte. Nun aber erhielt die englische Liga vom Europäischen Gerichtshof eine satte Abfuhr. Die Richter vertreten die Ansicht, dass mehr Wettbewerb und ausländische Decoderkarten erlaubt sein müssen. Das eigentlich Verwunderliche an diesem aktuellen Fall ist jedoch: Woher hat ein griechischer Sender das Geld für die Übertragungsrechte der britischen Premier League?

    Im Ernst: Wer in Deutschland künftig die Bundesliga live im Fernsehen verfolgen will, ist nicht mehr zwangsläufig auf ein Abonnement des Bezahl-Senders Sky angewiesen, das rund 33 Euro pro Monat kostet. Das Tochterunternehmen des Murdoch-Konzerns bezahlt pro Saison für die Exklusivrechte an der Ersten und Zweiten Liga rund 225 Millionen Euro an die Deutsche Fußball-Liga (DFL). Insgesamt kassierte die DFL für die Medienrechte sogar 505 Millionen Euro.

    Unberührt davon sind die Rechte für IPTV (über das Internet bereitgestellte Fernsehbilder) sowie Web-TV (Computer oder Handy), die derzeit die Telekom für 25 Millionen Euro pro Jahr hält. Das Urteil berücksichtigt auch nicht den Spaß zahlreicher Computerfreaks, die sich kostenlos, aber nicht ganz legal nahezu jede Sportveranstaltung der Welt im Internet ansehen. Auf der russischen Seite livetv.ru etwa liefen die NBA-Finals der Dallas Mavericks, und am gestrigen Dienstag hätte der deutsche Sport-Fan unter anderem die Fußball-Partie Vicenza gegen Varese aus der italienischen Serie B verfolgen können.

    Allerdings: Es ist gut möglich, dass das Urteil aus Luxemburg den deutschen Fußball-Fan finanziell kaum entlasten wird, auch wenn die Kunden jetzt frei wählen und die Rechteanbieter den Käufern keinen Gebietsschutz mehr gewähren dürfen. Zwar ist es nun also auch hierzulande erlaubt, sich mit einer fremden Decoderkarte die Bundesliga ins heimische Wohnzimmer einzuladen. In vielen Ländern der Erde werden ja Spiele des FC Bayern oder von Borussia Dortmund im TV übertragen, für die ausländischen Rechte kassiert die DFL den vergleichsweise bescheidenen Betrag von insgesamt 25 Millionen Euro pro Jahr.

    Aber abgesehen davon, dass derzeit das Ordern und Installieren einer ausländischen Decoderkarte wahrscheinlich nicht ganz so einfach ist wie das Öffnen einer Bierflasche: Im bald anstehenden Wettbewerb um die neue Vergabe der Rechte ab der Saison 2013/14, davon ist auszugehen, werden die Anbieter der aktuellen Entwicklung Rechnung tragen. Nie wieder wird ein griechischer Sender die Bundesliga-Rechte so günstig bekommen wie zuletzt.

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