Es regt sich was in Deutschland, einig Dopingland – und das ist gut so. Mit Herbert Grönemeyer, dessen schönstes Lied die Aufbruchsstimmung im Sport beschwört, möchte man singen: „Zeit, dass sich was dreht.“
Wir sind es leid, angebliche Wundersportler präsentiert zu bekommen, deren Weltrekorde mit pharmazeutischer Hilfe zustande kamen. Spitzenathleten, die berechtigt stolz auf ihre Höchstleistungen sein wollen, müssen sich beständig gegen den Generalverdacht wehren: War das sauber? Allmählich geben sogar Fußballer schüchtern zu, dass ihnen das Thema nicht unbekannt ist – selbst wenn sie nur verklausuliert „Vitaminspritzen“ zugeben wie Franz Beckenbauer.
Horst Seehofer mit seiner feinen Nase für sich drehende Winde war einer der Ersten, der reagierte: Im November 2012 schickte Bayerns Ministerpräsident seine Justizministerin Beate Merk mit dem Entwurf für ein Anti-Doping-Gesetz ins Rennen. Dass jetzt sogar ihr CSU-Parteifreund, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, auf die Linie einschwenkt, ist ein Meilenstein im Kampf gegen Doping.
In der Vergangenheit war sein Ministerium eher durch Scheinheiligkeit aufgefallen: Öffentlich mahnte man Sauberkeit an, insgeheim finanzierte man mehr oder weniger verkappte Doping-Forschung. Recherchen dieser und anderer Zeitungen bringen seit Wochen Bewegung in das Thema. Sie zeigten: Im Westen wurde von 1950 bis 1990 mit staatlicher Hilfe fast so ungehemmt chemisch nachgeholfen wie in der „Deutschen Doping-Republik“ des Erich Honecker. Auf Dauer wird sich die Politik kaum der Forderung erwehren können, auch die Zeit nach 1990 erforschen zu lassen – und sei es nur, um zu fragen: Was ist aus der umfangreichen DDR-Forschung über Doping-Methoden und ihre perfekte Tarnung nach der Wiedervereinigung bis heute geworden?
Immer mehr Politiker fordern jetzt ein Anti-Doping-Gesetz – wie es das angeblich chaotisch regierte Italien längst hat. CDU/CSU, SPD und Grüne haben sich dafür ausgesprochen. Nur die FDP ziert sich noch – und jene Sportfunktionäre, die seit Jahrzehnten behaupten, alles wäre am besten geregelt, wenn sie es selbst regeln – und dabei bisweilen den Eindruck erwecken, es gehe weniger um „Du sollst nicht dopen“, eher nach dem Motto „Du sollst dich nicht erwischen lassen“.
Die Befürworter müssen sich freilich daran messen lassen, ob ihnen ein effektives Gesetz gelingt oder eine leeren Paragrafen-Wundertüte, die nur Aktivität vortäuscht. Auch der Besitz geringer Mengen von Dopingmitteln muss strafbar werden. Ermittler sollten Telefone überwachen und Wohnungen durchsuchen dürfen, um an Beweise zu kommen, wie in Spanien beim Doping-Arzt Eufemiano Fuentes. Auch Haftstrafen könnten Ärzte, Trainer und Sportler abschrecken.
Schließlich geht es nicht um ein bisschen Schummeln, sondern darum, welches Vorbild wir mit dem Sport unseren Kindern vermitteln: dass sich ehrlicher Wettkampf lohnt – oder dass man um jeden Preis zu Ruhm und Geld kommen will. Nun sind die Befürworter eines Anti-Doping-Gesetzes gefordert.
Sie sollten dafür sorgen, dass jene Zweifler nicht recht behalten, die schon heute meinen: „Im Sport kommt nach der Leistung das Versprechen, nicht gedopt zu haben. In der Demokratie wird der Bürger zuerst mit Versprechungen gedopt, und dann kommt keine Leistung.“