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Merkels Annäherung an Kohl

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Merkels Annäherung an Kohl

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    Seltenes Beisammensein: Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Amtsvorgänger Helmut Kohl warten am 17. Juli 2011 in der Commerzbank-Arena in Frankfurt auf den Beginn des Finales der Frauen-Fußball-WM.
    Seltenes Beisammensein: Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Amtsvorgänger Helmut Kohl warten am 17. Juli 2011 in der Commerzbank-Arena in Frankfurt auf den Beginn des Finales der Frauen-Fußball-WM. Foto: Foto: dpa

    Helmut Kohl hat Angela Merkel meist kaum eines Blickes gewürdigt, wenn sich die beiden in den vergangenen Jahren begegnet sind. Das Verhältnis zwischen dem Altkanzler und seinem einstigen „Mädchen“ gilt bis heute als schwierig. Noch letztes Jahr hat Kohl öffentlich geätzt, der Regierung fehle der politische Kompass. Seither hat sich viel verändert.

    Die Eurokrise hat sich massiv verschärft, das von Kohl kräftig mitgebaute „Haus Europa“ ist ins Wanken geraten – und so manche Grundüberzeugung in der CDU gleich mit. Die Kanzlerin steht vor Wochen, die nicht nur über die Zukunft des Euro, sondern auch über ihre eigene politische Zukunft entscheiden könnten.

    Nun könnte ausgerechnet Kohl helfen, den Kurs der einstigen Widersacherin zu stützen und die Zweifler in der Partei wieder stärker einzubinden. Zum 30. Jahrestag seiner Kanzlerwahl soll der schwer kranke Patriarch groß gefeiert werden. Dazu findet am 27. September ein Festakt der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung im Deutschen Historischen Museum statt, bei dem Kohl nicht nur von Weggefährten gewürdigt werden soll, sondern auch von Merkel selbst – mit einer halbstündigen Rede.

    Schon zwei Tage zuvor ist ein Besuch Kohls in der Unionsfraktion geplant, wohl der erste seit seinem Abschied aus dem Bundestag 2002. Und bereits am Montag feierte die Konrad-Adenauer-Stiftung den 82-Jährigen im Alten Plenarsaal in Bonn mit einer Laudatio von Roman Herzog und einer anschließenden Diskussion, an der auch Kohls früherer Finanzminister Theo Waigel (CSU) teilnahm. Alle Termine sind mit der Kanzlerin abgestimmt – auch wenn die Veranstaltungen nicht von der CDU organisiert werden, weil Kohl als Staatsmann gewürdigt werden soll. Die Botschaft ist klar: „Helmut Kohl ist die große Europa-Ikone der CDU“, heißt es in der Parteiführung. „Indem die CDU ihn ehrt, verweist sie auf ihr großes europapolitisches Erbe, das mit Adenauer seinen Anfang genommen hat, mit Kohl fortgesetzt wurde und nun mit Angela Merkel an diesen zentralen Punkt gekommen ist. Dessen wollen wir uns vergewissern.“

    Merkel gilt als die starke Frau in Europa. Doch in ihrer Partei gibt es inzwischen vor allem unter den Konservativen viele, die ihren Kurs mit Skepsis verfolgen. Die einen werfen ihr vor, nationale Interessen zu vernachlässigen, die anderen, dass ihr die große Vision von einem geeinten Europa fehle, anders als Kohl vor 30 Jahren.

    Der habe damals aus der Erfahrung des Krieges heraus stets das große Ziel der europäischen Einigung im Auge gehabt. Damit habe er auch den Weg zur deutschen Einheit geebnet – leidenschaftlich, emotional, wenn auch ökonomisch nicht immer zu Ende gedacht, sagt einer, der damals dabei war. Heute räumen selbst Anhänger des Altkanzlers ein, dass der in einem wichtigen Punkt geirrt hat: in seiner Überzeugung, dass die Einführung der gemeinsamen Währung auch zur Angleichung der Volkswirtschaften führen würde.

    Das Verhältnis zwischen Merkel und Kohl gilt immer noch als fragil, wenn auch längst nicht mehr als so zerrüttet wie in den ersten Jahren nach der CDU-Parteispendenaffäre, in der Merkel 1999 als Erste vom damaligen Parteichef abgerückt war. An einen neuen Anlauf für eine echte Aussöhnung glaubt in der CDU trotzdem kaum jemand.

    Merkel habe die Leistungen Kohls auch früher immer wieder gewürdigt, heißt es in der Partei. Keinesfalls sei es so, dass es nun erstmals nach einer langen Durststrecke wieder Kontakte gebe. Kohl wisse, dass Merkel seine Europapolitik fortsetze – mit ihren Mitteln. Denn Schwerpunkte und Aufgaben hätten sich geändert.

    Dies gilt auch für das Leben von Helmut Kohl. Der lebt zurückgezogen mit seiner zweiten Frau Maike in Oggersheim. Der Altkanzler, der im Rollstuhl sitzt und Mühe beim Sprechen hat, war zuletzt kaum noch öffentlich zu sehen. Dass er die Entwicklungen in der Eurokrise noch im Detail verfolgt, bezweifeln inzwischen auch Parteifreunde.

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