Wir wissen, dass Plastik praktisch ist, aber zu Teppichen aus Abfällen auf den Weltmeeren führt und von dort in kleinen Partikeln in die Körper von Menschen und Tieren gelangt. Und dennoch kaufen wir in Folien verschweißtes Obst und Gemüse, trinken Milch aus dem Tetrapack und Kaffee aus dem Einwegbecher. So traurig das ist: Wer Plastikmüll verringern will, darf beim Verbraucherverhalten nicht auf Freiwilligkeit zählen. Eine Regelung muss her.
Seit Jahren sucht die EU nach Systemen, um das Ausmaß des Abfalls zu verringern. Rohstoffe und Produkte sollen möglichst lange zirkulieren und so weniger Restmüll verursachen. In Deutschland wandern jedes Jahr rund sechs Millionen Tonnen Plastik aus Haushalten und Industrie in den Verpackungskreislauf. Zwar werden knapp 50 Prozent recycelt, doch nach einer Berechnung des Wirtschaftsinformationsdienstes iwd stieg der Plastikmüll in Deutschland seit 2005 um knapp 30 Prozent.
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Das Beispiel Alcopops zeigt, wie es funktionieren kann
Die Politik will das nun ändern: So fordert Grünen-Chef Robert Habeck eine EU-weite Steuer auf Wegwerfplastik wie Strohhalme oder Joghurtbecher und erhofft sich so eine Wandlung des Konsumverhaltens. Nun zeigt sich auch Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) offen für eine solche Steuer: „Wenn sich zeigt, dass auf Grundlage freiwilliger Vereinbarungen keine Lösung möglich ist, muss der Gesetzgeber reagieren. Dann müssen wir über eine Plastiksteuer als Alternative nachdenken“, sagte er gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Schritt wäre konsequent und richtig.
Dass steuerbedingte Preiserhöhungen das Kaufverhalten beeinflussen können, beweist die im Jahr 2004 eingeführte Steuer für Alkopops – die besonders bei Jugendlichen beliebten alkoholhaltigen Süßgetränke. Nach der Einführung der Steuer, die gut viermal so hoch liegt wie die ansonsten übliche Alkoholsteuer, sank der Absatz bereits im ersten Jahr um 80 Prozent.
Eine Plastiksteuer könnte ähnlich funktionieren. Sie packt den Hersteller, aber auch den Konsumenten dort, wo es ihn am meisten trifft: beim Geld. Oft hat man im Supermarkt gar nicht die Wahl, unverpackte Ware zu kaufen. Der Großteil des Obstes und Gemüses ist verschweißt. Warum? Weil es bequem ist. Das Tomatenschälchen lässt sich schneller über den Scanner ziehen, als für das Auswiegen benötigt wird.
Auch Cent-Beträge bewirken ein Umdenken
Ziel muss sein, Plastikverpackungen gar nicht erst in Umlauf zu bringen. Dass der Hebel über das Geld funktioniert, ist ja belegt. So vereinbarten Handel und Bundesumweltministerium 2016, dass Plastiktüten nicht mehr kostenlos abgegeben werden dürfen. Mit Erfolg: Seit man im Supermarkt 15 Cent für eine Plastiktüte zahlen muss, stecken viele ihren Einkauf doch lieber in die mitgebrachte Tasche. Das beweist: Auch Cent-Beiträge bewirken ein Umdenken.
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Steuern zahlt niemand gerne. Doch sie gehören zu Basis unserer demokratischen Solidargemeinschaft und wären auch bei der Müllvermeidung der Schlüssel zur Lösung. Andere Regelungen scheinen nicht zu funktionieren. So wie an der Uni Würzburg, wo das Studentenwerk zehn Cent pro Kaffee mehr verlangte, der in einem Einwegbecher ausgeschenkt wurde. Als dann aber Tausende – kostenlose – Keramiktassen abhandenkamen, zog man die Notbremse: Das Projekt „Müllflut eindämmen“ war gescheitert. Es muss sich etwas in den Köpfen verändern.
Der Staat könnte mit einer Plastiksteuer folglich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: die Umwelt entlasten und seinen Haushalt aufbessern. Zugegeben: Wenn eine Plastiksteuer in Deutschland oder Europa dazu führen würde, dass wir Verbraucher einmal mehr nachdenken, bevor wir ein Produkt kaufen, das in Plastik steckt, dann ist zwar noch lange nicht das globale Problem gelöst. Aber es wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung – hin zu einer Welt mit weniger Plastik. Und mehr intakter Natur.