Diese Zeilen habe ich, angespornt von einem Leser, für das Bayerische Justizministerium und vorbeugend für Behörden geschrieben, weil die derzeit dankenswerterweise selbst oft Fotos von ihrem Wirken machen müssen und an Medien übergeben. Seit einem Jahr kommen aus Gründen der Kontaktvermeidung eben Bildberichter seltener vor Ort.
Daraus erklärt sich ein Verbesserungsvorschlag des Würzburger Zeitungslesers F.B., aus dem ich zitiere: „Coronabedingt trägt man bei vielen Gelegenheiten Mund/Nasenschutz, was auf manchen Fotos zu sehen ist. Bei Gruppenaufnahmen ist dies wichtig.“ Werde allerdings eine Einzelperson wie der neue Generalstaatsanwalt Wolfgang Gründler für die Zeitung mit Maske abgelichtet, so F.B., „dann möchte nicht nur ich, sondern möchten ihn bestimmt die meisten Leser unmaskiert sehen“. Dem stimme ich auch ohne Leserumfrage einfach mal grundsätzlich zu.
Gewohnheitsmäßige Abbildung
Tatsächlich hat der Justizminister offiziell den Wechsel vom alten auf den neuen Generalstaatsanwalt für den Oberlandesgerichtsbezirk Bamberg vollzogen. Dazu gab es aus seinem Hause für die Redaktionen ein würdiges Bild mit drei auf pandemischen Abstand auf der Freitreppe des hohen Hauses platzierten Personen mit Mund-Nasen-Masken. Nicht etwa, weil Politiker samt Amtspersonen die Öffentlichkeit suchen, sondern weil zu solchem Anlass gewohnheitsmäßig Vorgänger, Nachfolger und Minister abgebildet sind.
Diese Bildgestaltung ist vorsorglich gedacht und doch unnötig, weil Medien in aller Regel Bilder des Ministers und des scheidenden Amtsträgers vorrätig haben, für den Fall, dass sie die wirklich brauchen. Was ihnen fehlt, ist meist der Neue im Porträt. Dabei wäre es epidemiologisch vertretbar gewesen, diesen seine Maske fallen und auf einem Bild alleine sein Gesicht zeigen zu lassen.
Der Schnitt in der Zeitung
Um den in der gedruckten Zeitung kostbaren Platz ganz dem Wesentlichen zu widmen und dem einspaltigen Layout des Beitrages gerecht zu werden, beschnitt die Redaktion für den Bericht zum Amtswechsel das Foto. Übrig blieb für die Veröffentlichung nur der neue Generalstaatsanwalt – mit Maske. Die missfiel Herrn F.B..
Problemstellungen und Bilder gleichen sich gegenwärtig. So fragt ein Kollege aus dem Norden auf Facebook in einem geschlossenen Netzwerk für Lokaljournalisten: Kann man als Fotografierender nicht bitten, fürs Bild mal die Masken abzunehmen? Nicht nur, um der deprimierenden Stimmung zu entkommen, sondern auch um der Person willen? So habe er gedacht, bis er gelesen habe, dass ein Landrat Ärger am Hals hat - weil er sich beim Pressetermin ohne Maske fotografieren ließ.
Pragmatische Erklärung
Deutlich wird Kollege F.O.: Wer Leute (auf arrangiertem Bild) mit Maske fotografiert, kann sie auch gleich von hinten aufnehmen. Da hat er wohl nicht so ganz Unrecht.
Pragmatisch erklärt W.G.: "Wenn ich in Sitzungen oder bei Terminen fotografiere, wo die Menschen Masken tragen, bleiben sie natürlich auf - das würde ja sonst die Realität verzerren. Wenn es aber arrangierte Fotos sind, also beispielsweise ein Gruppenbild oder ein Portrait, dann mache ich das wenn möglich im Freien und mit den gebotenen Abständen, sodass die Masken problemlos kurz abgenommen werden können." Das ist vernünftig.
So gehen auch die Redaktionen der Main-Post mit Gruppenfotos in Corona-Zeiten um.
Zeitzeugnisse
Vorausblickend räumt noch Kollege W.A. ein: Fotos mit Maske sind Zeitzeugnisse. Auch da ist was dran.
Herrn F.B., der mit der "Hoffnung verblieben" ist, dass sein Schreiben nicht umsonst war, bitte ich um Geduld. Gewiss schickt der Neue der Redaktion fürs nächste Mal ein persönliches Zeitzeugnis ohne Zeitzeugnis.
Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch Vereinigung der Medien-Ombudsleute.
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2013: "Das Geheimnis um einen Landtagsabgeordneten auf dem Gruppenfoto von einer Ehrung"
2013: "Mein Beitrag wider einen falschen Eindruck: Ich weiß die Leistungen der Abgeordneten zu schätzen"
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