Wenn in einem Artikel ein fehlerhafter Ratschlag steht, haftet dann die Zeitung?" Das ist eine berechtigte Leserfrage. Sie bezieht sich auf den Beitrag vom 4. Mai,
, weil darin unter anderem chemische Rohrreiniger empfohlen sind. Und der Fragesteller erklärt, dass diese Reiniger zu Folgeschäden führen können. Allerdings ist im Artikel, der von der Deutschen Presseagentur (dpa) übernommen ist, bereits davor gewarnt und zu lesen, dass die Gebrauchsanweisungen genau eingehalten werden müssen.
Aber selbst ohne diese Einschränkung, müsste die Redaktion für diesen Ratschlag eines Experten, den sie verbreitet hat, nicht haften.
Es ist eben nur ein Ratschlag, der Nutzer nicht von ihrer Eigenverantwortung entbindet.
Falsche Veranstaltungstermine
Die Anfrage des Lesers gibt mir Gelegenheit noch einige Sätze zur Haftung von Redaktionen hinzuzufügen. Die haften nämlich auch nicht für nachweislich falsch angegebene Termine von Veranstaltungen. Es gab schon Leser, die wollten nach einem fehlerhaften Datum für eine Show, die leider schon stattgefunden hatte, ihre Fahrkosten für umsonst gefahrene Kilometer von der Redaktion ersetzt bekommen. Das geht leider nicht. Es handelt sich hier, wie es Juristen gerne sagen, um "allgemeines Lebensrisiko".
Zum Ersatz des Schadens nicht verpflichtet
Bleiben wir bei den Juristen und damit auch in ihrer Sprache, denn dieses Risiko ist sogar in § 675 BGB rechtlich verankert:
„Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet“.
Im Klartext: Es gibt keinen Schadensersatz für unliebsame Ergebnisse nach der Befolgung von Ratschlägen. Eine angemessene Entschuldigung darf man freilich von der Redaktion nach solchen Fehlleistungen erwarten. In sehr seltenen krassen Fällen hat sie geschädigte Leser schon mal freiwillig mit einem kleinen Geschenk versöhnt.
Was wirklich falsche Empfehlungen in jedem Fall nach sich ziehen müssen, ist die sofortige Richtigstellung, gleich nachdem die Redaktion vom Fehler erfährt.
Aber eine solche falsche Empfehlung liegt bei den chemischen Rohrreinigern hier nicht vor.
So funktioniert es nicht
Nun ist der anfragende Leser ganz offensichtlich ein Freund großer Genauigkeit. Er hat jenen dpa-Beitrag vom 4. Mai geradezu durchleuchtet. Dabei ist es ihm sogar aufgefallen, dass die Einbauspüle auf dem nebenstehenden Foto zwei Abläufe hat - von denen der eine nicht verschlossen ist. Das bedeutet, dass die "Saugglocke" (auch "Pömpel") wegen des fehlenden Unterdrucks nicht wirken kann. Weil dieser Funktionszusammenhang im Beitrag sogar erklärt ist, gehe ich davon aus, dass die meisten Leser bei einer Anwendung schnell merken, woran sie sind.
"Pömpel" kommt aus dem Norden
Da wäre schließlich noch der "Pömpel", den der Mann in seiner Zuschrift als unzutreffend brandmarkt. Der Begriff werde nur in Norddeutschland gebraucht. So wird es in einschlägigen Nachschlagwerken verkündet. Ich meine, die Franken sind dennoch in der Lage, "Pömpel" zu begreifen. Ich, als Franke mit fränkischen Eltern, habe im Übrigen lebenslang bisher nie ein anderes Wort gebraucht als Pömpel. Seis drum: Ja, man hätte durchaus grundsätzlich auch von "Saugglocke" schreiben können, selbst wenn die dpa, die ihre Zentrale von Hamburg nach Berlin verlegt hat, dorthin viele Nordlichter mitgenommen hat.
Haftung droht nach Ehrverletzungen
Wirklich haften muss muss ein Medium vornehmlich bei falsch berichteten Fakten, solchen, die Personen oder Gruppen direkt Schaden zufügen, sie persönlich in ihrer Ehre treffen, die Persönlichkeitsrechte verletzen. Aber selbst danach kann eine schnelle und deutliche Richtstellung die Kuh unter Umständen noch vom Eis holen. Journalisten werden in der Regel erst dann persönlich in Haftung genommen, wenn sie nachweislich ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben. Das heißt, wenn sie unter den gegebenen Umständen nicht alles Mögliche getan haben, um korrekte Tatsachen zu berichten.
Anton Sahlender, Leseranwalt der Main-Post
Sprecher der Vereinigung der Medien-Ombudsleute
www.vdmo.de