LESERANWALT

Versuchte Einschüchterung

Paket an Leserbriefschreiber...       -  Belästigung und versuchte Einschüchterung ...
| Belästigung und versuchte Einschüchterung ...

Aufklären soll der folgende Beitrag, keinesfalls soll er abschrecken. Wieder betrifft er Leserbriefschreiber in der Zeitung, wie in der vergangenen Woche.  Da ging es um einen Absender, der kurzerhand seine Adresse gefälscht hatte , weil er nach kritischen Briefen Nachstellungen befürchtet. Erklärt hatte ich deshalb, dass Übergriffe auf kritische Briefschreiber bisher nicht bekannt sind. Das veranlasste nun aber Leser S. aus Schweinfurt mir zu schildern, was er vor Jahren erlebt hat.

 

Paket und Anruf

Damit ist Herr S. der erste, der einen Einschüchterungsversuch als Folge eines veröffentlichten Leserbriefes mitteilt. Weil es Lesern vielleicht helfen kann, falls ihnen vergleichbares begegnet, gebe ich die länger zurückliegende Geschichte weiter:

Nach einem veröffentlichten Leserbrief von S., er hatte wohl „pro Ausländer“ argumentiert, bekam er ein Paket von einem fingierten Absender. Den ekelerregenden Inhalt beschreibe ich nicht näher. Wenige Tage danach wurde S. noch von einem Herrn mit Nürnberger Akzent (womit nichts gegen Nürnberger gesagt ist) angerufen, der höflich nachfragte, ob sein Paket denn angekommen sei. Sinngemäß, so erinnert sich S., habe der Anrufer hinzugefügt "vielleicht seh mer uns amal". Kurzerhand legte S. auf, war aber darauf gefasst, dass irgendwann jemand mit einem Baseball-Schläger vor seiner Türe stünde. Dazu kam es nicht.

 

Rückschlüsse auf den Charakter

Was folgte war ein zweiter Anruf, nun mit der Frage, was S. zu dem „Geschenk“ sage. Der entgegnete jetzt schlagfertig, dass er daraus Rückschlüsse auf den Charakter des Absenders ziehe. Diesmal legte der unbekannte Anrufer auf. Herr S. erstattete nach den Vorfällen keine Anzeige, auch weil er die ekligen „Beweismittel“ schnell entsorgt hatte. Außerdem denkt er, dass die Staatsanwaltschaft nicht ermittelt hätte, weil das ohne Erfolg bleiben müsse.

 

Anzeige empfohlen

Es mag sein, dass die Staatsanwaltschaft nicht aktiv geworden wäre, auch deshalb, weil der vorliegende Vorgang im Sinne des Strafgesetzbuches kaum als Straftat einzuordnen ist, obwohl Nachstellungen oder Bedrohungen auch geschrieben oder per Anruf auftreten können. Dennoch erscheint der geschilderte Vorgang von den Paragraphen des Strafgesetzbuches noch nicht erfasst. In jedem Fall empfehle ich, falls sich jemand durch harsche Reaktionen auf Leserbriefe an seiner Privatsphäre bedroht oder in seinem täglichen Leben beeinträchtigt fühlt, eine Anzeige. Die könnte mindestens dazu beitragen, im Abgleich mit anderen Ermittlungen unverbesserlichen Tätern allmählich auf die Spur zu kommen.

 

Schutz durch verdeckte Namen

Ein Unterschied wird zum Kommentarforum dieser Zeitung bei den einzelnen Beiträgen im Internet deutlich. Dort gibt es keine Klarnamen und keine Ortsangaben, sondern nur Phantasienamen. Und die Redaktion achtet darauf, dass Diskussionen dabei nicht aus dem Ruder laufen. Außerhalb von mainpost.de gibt es folglich keine Zugriffsmöglichkeit auf die Kommentatoren. Die Anschriften, die zu den Phantasienahmen der Nutzer gehören, unterliegen strengster Geheimhaltung der Redaktion. Die gelangen nicht nach außen. So haben die oft kritisierten verdeckten Namen zu Meinungsäußerungen auch schützende Funktion. Das ist freilich in Leserforum der Zeitung nicht möglich.  Siehe auch Richtlinie 2.6 zu Leserbriefen im Kodex des Presserates.       

Was die journalistischen Leitlinien der Main-Post zu Leserbriefen sagen, finden Sie am Ende dieses Beitrages.

 

Bei der Redaktion melden

Wie auch immer: Wenn Sie nach einem Meinungsbeitrag durch eine Belästigung verunsichert sind, dann melden Sie sich auch bei der Redaktion. Niemand sollte sich durch versuchte Einschüchterungen an der Ausübung seines Grundrechts der freien Meinungsäußerung hindern lassen. Und bei Nachstellungen, Nötigungen oder Bedrohungen (StGB Paragraphen 238-241) tritt nach einer Anzeige ohnehin die Staatsanwaltschaft in Aktion.

Weitere Leseranwalt-Kolumne zu Leserbriefen:

"Wo die Begegnung von Klarnamen mit Online-Pseudonymen für Ärger sorgt" (2015)

Aus den journalistischen Leitlinien der Main-Post

4.) Leserbriefe

Es dient der wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit, im Leserbriefteil auch Meinungen zu Wort kommen zu lassen, die die Redaktion nicht teilt.

Zuschriften an Verlage oder Redaktionen können als Leserbriefe veröffentlicht werden, wenn aus Form und Inhalt erkennbar auf einen solchen Willen des Einsenders geschlossen werden kann.
Eine Einwilligung kann unterstellt werden, wenn sich die Zuschrift zu Veröffentlichungen des Blattes oder zu allgemein interessierenden Themen äußert.

Der Verfasser hat keinen Rechtsanspruch auf Abdruck seiner Zuschrift.

Bevorzugt veröffentlicht werden Zuschriften, die sich direkt auf aktuelle Beiträge der Zeitung und aktuelle Themen beziehen. Zeitlose, allgemeine und deutlich über die Themen hinaus reichende Betrachtungen, müssen dahinter zurückstehen.

Es entspricht einer allgemeinen Übung, dass der Abdruck mit dem Namen des Verfassers erfolgt.
Nur in Ausnahmefällen kann auf Wunsch des Verfassers eine andere Zeichnung erfolgen. Die Tageszeitungen der Mediengruppe Main-Post verzichten beim Abdruck auf die Veröffentlichung von Adressangaben, es sei denn, die Veröffentlichung der Adresse dient der Wahrung berechtigter Interessen.

Bestehen Zweifel an der Identität des Absenders, soll auf den Abdruck verzichtet werden. Die Veröffentlichung fingierter Leserbriefe ist mit den ethischen Grundlagen der Tageszeitungen der Mediengruppe Main-Post ebenso unvereinbar wie der Abdruck von Leserbriefen, die gegen geltendes Recht verstoßen.

Unmittelbar an Nachrichten, am Geschehen, an Ereignissen, Themen oder Vorgängen beteiligte Personen und Institutionen (etwa Parteien), kommen im Leserforum nicht zu Wort. Sie haben die Möglichkeit, sich in Stellungnahmen an die Redaktion zu wenden. Das gilt in der Regel gleichermaßen für alle Vereine, Verbände, Firmen und sonstige Organisationen.

Änderungen oder Kürzungen von Zuschriften ohne Einverständnis des Verfassers sind grundsätzlich unzulässig. Kürzungen sind jedoch möglich, wenn die Rubrik Leserzuschriften einen regelmäßigen Hinweis enthält, dass sich die Redaktion bei Zuschriften, die für diese Rubrik bestimmt sind, das Recht der sinnwahrenden Kürzung vorbehält.

Verbietet der Einsender ausdrücklich Änderungen oder Kürzungen, so hat sich die Redaktion, auch wenn sie sich das Recht der Kürzung vorbehalten hat, daran zu halten oder auf den Abdruck zu verzichten.

Um möglichst viele Leser zu Wort kommen zu lassen, sind Kürzungen von umfassenden Zuschriften fast immer unvermeidlich

Wer Leserbriefe an die Zeitungsredaktion schickt, muss damit rechnen, dass sie auch oder ausschließlich im Online-Angebot von mainpost.de verbreitet werden. Schließt der Einsender dies aus, muss sich die Redaktion daran halten.

Alle einer Redaktion zugehenden Leserbriefe unterliegen dem Redaktionsgeheimnis. Sie dürfen in keinem Fall an Dritte weitergegeben werden.

Wir veröffentlichen Leserbriefe grundsätzlich zeitnah.

Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch www.vdmo.de

 

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