Falschmeldungen und Gerüchte kursieren vermehrt, seit die Flüchtlingsströme in Europa und Deutschland ankommen. Eine falsche Information war am 24.Oktober im Gerolzhöfer Lokalteil der Zeitung enttarnt. Sie lautete: Eine Frau sei durch mehrere Ausländer vergewaltigt worden und liege im Schweinfurter Leopoldina mit schwersten Verletzungen. Obwohl Staatsanwaltschaft und Klinikleitung betonten, es gebe weder Täter noch Opfer, hielt sich die Vergewaltigung als Gerücht weiter hartnäckig.
Vergewaltigung, die es nie gab
Manche Leute mögen - ohne sich selbst zu informieren - gutgläubig nur weiterverbreitet haben, was andere bewusst im Gespräch halten, weil es ihnen in den Kram passt. Sie lehnen die Aufnahme der Flüchtlinge ab, zumindest so wie sie derzeit praktiziert wird.

Dort konnte man zudem lesen, dass Gerüchte nicht stimmen, den Flüchtlingen würde freier Eintritt in Freizeit-Einrichtungen der Stadt gewährt.
Am besten: In klassische Medien vertrauen
Man mag mir Eigeninteresse nach dem Lesen der folgenden Zeilen vorwerfen. Besser wäre es freilich, selbst zu kontrollieren, was ich feststelle: Wenn eine Menge schräger und falscher Informationen aus unzähligen kaum definierbaren Quellen sprudelt, sich rasend schnell in der Gesellschaft vermehrt, dort Verwirrung und schlechte Stimmung stiftet, zeigt sich, dass es noch immer am besten ist, klassischen Medien zu vertrauen. Das gilt gerade auch im Internet. So werden Zeitungen, wenn es falsche Nachrichten gibt, die stets berichtigen. Dazu sind sie gesetzlich verpflichtet und durch freiwillige Selbstkontrolle. Das gilt, obwohl sie auch nicht frei sind von Fehlern.
Zwei Kontroll-Adressen
Für Leser, die deshalb selbst Tageszeitungen, TV und Rundfunk nicht über den Weg trauen wollen, empfehle ich zwei Kontroll-Adressen. Ich habe sie bereits in

erwähnt. Ich sehe es aber als sinnvoll an, den Hinweis darauf zu vertiefen. Ich habe ihre VertreterInnen bei einem Besuch im Bundespresseamt in Berlin kennengelernt. Die aktuellen Ereignisse sind Grund genug, noch einmal auf sie einzugehen.
Was Worte bewirken können
Einer der beiden Adressen, die der Neuen deutschen Medienmacher, ist daran gelegen, über den richtigen Einsatz von Sprache keine Missverständnisse oder Vorurteile aufkommen zu lassen. Ihre Geschäftsführerin, Konstantina Vassiliou-Enz, hat dazu kürzlich im Berliner Tagesspiegel mit einem wissenschaftlichen Experiment der Stanford University (2011/USA) aufgezeigt, was Worte bewirken können.
In einem fiktiven Bericht über die rapide steigende Kriminalität in einer Stadt, war einmal von einem Virus in der Stadt die Rede, das andere Mal war der Vergleich mit einer "Bestie" angestellt.
Unterschiedliche Reaktionen Die Lösungsvorschläge der Probanden, die den Virus-Text gelesen hatten, so erklärt Vassiliou-Enz, seien vor allem vorbeugend gewesen. Sie plädierten für Bildungsprogramme und Armutsbekämpfung. Die Gruppe, die die Metapher von der "Bestie" gelesen hatte, wollte mehrheitlich restriktiv vorgehen, forderte strengere Gesetze und höhere Gefängnisstrafen. Beide Gruppen rechtfertigten ihre Vorschläge mit Zahlen und Statistiken aus dem Bericht. Es waren in beiden Texten exakt dieselben.
Siehe: Tagesspiegel Berlin: Was ist eine angemessene Sprache für eine vielfältige Gesellschaft?

Wertfrei, korrekt und präszise
Die Neuen deutschen Medienmacher sind ein gemeinnütziger Verein, der sich auf ehrenamtliche Mitarbeit stützt. So ist auch sein hilfreiches Glossar ehrenamtlich erstellt und kostenfrei zu bekommen. Man weist darauf hin, dass Journalistinnen und Journalisten mit ihrem Handwerkszeug, der Sprache, arbeiten. Ihre Berichte sollten möglichst wertfrei, korrekt und präzise die Sachverhalte wiedergeben. Nicht selten passiere es aber, dass Wörter wie »Einwanderer«, »Zuwanderer” und »Migrant« im selben Text nebeneinander verwendet werden, in der Annahme, sie würden alle dasselbe bedeuten. Worin sich diese Begriffe unterscheiden und bei welchen weiteren Themen ungenau formuliert wird, findet sich im Glossar mit Formulierungshilfen für die Berichterstattung. Anregungen, Alternativbegriffe und Empfehlungen darin seien ihr Beitrag zu einer laufenden Debatte und nicht abschließend.
Siehe: www.neuemedienmacher.de
Recherchen und Faktenchecks
Eine zweite seriöse Adresse ist der Mediendienst-Integration. Er ist vorwiegend für Medienschaffende gemacht, aber im Internet für alle offen zugänglich. Bei ihm findet man wesentliche Informationen zu Migration, Integration und Asyl in Deutschland. Hier gibt es Recherchen (Fakten-Checks) zur aktuellen Berichterstattung in den Medien, aber auch Hintergrundberichte und Artikel zu Themen, die medial untergegangen sind.

Sorgfaltspflicht der Journalisten
Unter "Zahlen & Fakten" stehen zusammengefasste Studien und Statistiken, die mit den Originalquellen hinterlegt sind. Hier kann sich jeder ein eigenes Bild machen. Dem Mediendienst geht es um die Sorgfaltspflicht der Journalisten. So hat er eine Leitlinie erarbeitet, für Fotografie. Er macht z.B. darauf aufmerksam, dass nur 21 Prozent der türkischen Musliminnen in Deutschland ein Kopftuch tragen. Das Bild von einer Frau mit Kopftuch sei deshalb kaum repräsentativ für Türkinnen unter uns.
Gewalttaten hängen an Lebenslagen
Es geht auch um die Kriminalberichterstattung. Wörtlich erfährt man aus einem Gutachten heraus: "Die erhöhten Gewalttaten scheinen eher mit Lebenslagen zusammenzuhängen, die oft mit Migration verbunden sind. So verschwinden beispielsweise die Unterschiede bei der Gewalttätigkeit zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund nahezu, wenn sie die gleichen Bildungschancen haben." Man kann erkennen: Ziel des Dienstes ist es, zu einer klischeefreien, objektiven, vielfältigen Darstellung von Einwanderung beizutragen, die es dem Rezipienten ermöglicht, sich ein ganzheitliches Bild des Themas zu verschaffen.Wissenschaftler unterstützen diesen Mediendienst, der ein Projekt des Rats für Migration e.V. ist. Finanziert wird er von acht Partnern, alles Stiftungen, dazu von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration.
Siehe: mediendienst-integration.de
Journalisten mit Migrationshintergrund
Ich schließe mit einem Angebot der Neuen deutschen Medienmacher: Mit den Lokalen Netzwerken, einem vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geförderten Projekt (2013–2016), bauen sie bundesweit lokale Gruppen für Medienschaffende aus Einwandererfamilien und interessierten KollegInnen auf. Die wollen sie überall in Deutschland zusammenbringen. Ich nenne nur eines der Ziele, die dabei verfolgt werden: Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten für Journalisten mit Migrationshintergrund auszubauen und nachhaltige Diversity-Strategien (kurz: wider Diskriminierung) in Medienhäusern zu unterstützen.
In dem Wunsch der Medienmacher an Redaktionen, steckt folglich ein Angebot: Schauen Sie doch mal nach, was sich in Ihrer Gegend so tut.
Kontakte:
Neue deutsche Medienmacher e.V.
Goltzstraße 39
10781 Berlin
Tel.: 030-26947230 (ab 11.11.15)
info@neuemedienmacher.de
und
Mediendienst Integration
Schiffbauerdamm 40
10117 Berlin
Tel.: 030-2007-6480
mail@mediendienst-integration.de

Bild: So werden die neuen Deutschen Medienmacher finanziert.
Anton Sahlender,
Leseranwalt