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Warum für die Redaktion und den Leseranwalt alle Leser wie Mandanten sind

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Warum für die Redaktion und den Leseranwalt alle Leser wie Mandanten sind

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    So versuche ich, nicht nur bei Zweiflern, Verständnis für die Aufgabe zu gewinnen, die ich 2004 übernommen habe. Die scheinbar juristische Logik eines anderen Lesers bietet mir Gelegenheit zum Einstieg. Er schreibt: „Man stelle sich mal vor, dass der eigene Anwalt vor Gericht plötzlich die Argumente der Gegenseite aufzählt und denen dann auch noch den Vorzug gibt. So was ist schlicht undenkbar.“

    Auf diesen Vergleich kann man kommen. Freilich stehen wir nicht vor Gericht – das ist tunlichst zu vermeiden. Und Jurist bin ich auch nicht. Aber gute Anwälte, also Juristen, konfrontieren ihre Mandanten mit gewichtigen Gegenargumenten. Gute Beratung verhindert aussichtslose Rechtsstreite. Überraschungen sind dann unwahrscheinlich.

    Nach meinem Verständnis sind für mich alle Leser gleichsam Mandanten. Ich will ihr Mann in der Redaktion sein. Das bleibe ich gerade dann, wenn ich Beschwerden einzelner Leser nicht beipflichte, etwa weil ich den Versuch einer einseitigen Einflussnahme darin sehe. Auf die Unabhängigkeit einer Redaktion sollte sich die gesamte Leserschaft verlassen können. Die taste ich als Leseranwalt nicht an, sonst würde ich wirklich für die „Gegenseite“ argumentieren.

    Gemessen werden will ich aber an schlüssigen Erklärungen, bei denen ich mich stets bemühe, auf den jeweiligen Einzelfall einzugehen – das nicht nur in der Zeitung, sondern noch mehr in Schriftwechseln, am Telefon und online. Zustimmung bekomme ich weniger, wenn ich eine Kritik unterstützt habe, sondern eher für Erklärungen journalistischer Grundsätze. Die sind nämlich im Interesse der Menschen gemacht, somit gültiger Maßstab bei Beschwerden. Ihrem Sinn nach verpflichten sie die gesamte Redaktion, Anwalt ihrer Leser zu sein. Wann immer möglich, hat deshalb die Redaktion selbst oder nach Hinweisen von mir, Fehlleistungen richtiggestellt und sich entschuldigt.

    „Leseranwalt“, als Begriff für meine Aufgabe, soll kein Deckmantel sein. Er soll Leser ermutigen, mir Konflikte vorzutragen, die mit der zuständigen Redaktion nicht auszuräumen sind. Dabei sollten Sie das Grundrecht der Medienfreiheit als wesentliches Stück Ihrer Freiheit empfinden. Dazu stehe ich. Fortsetzung folgt nächste Woche . . .

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