Der Deutsche Presserat informiert stets über seine Entscheidungen. Zwei habe ich ausgewählt. Weil sich die freiwillige Selbstkontrollinstanz der Printmedien seit 2010 auch um deren Internetnachrichten kümmert, erhielt „Die Goslarsche Zeitung Online“ mit einer öffentlichen Rüge die schwerste Sanktion, die zur Verfügung steht.
Auf ihrer Internetseite war der Bericht über eine gefährliche Körperverletzung mit einem Video verlinkt. Das zeigte, wie ein Jugendlicher einen anderen brutal zusammenschlägt. Die Szene war von einem Dritten gefilmt und das Video der Redaktion zugespielt worden.
Der Presserat bewertete das brutale Video als unangemessen sensationsheischend. Es sei geeignet, Nachahmungstäter zu animieren. Derartige Aufnahmen würden von jugendlichen Gewalttätern zudem als Trophäen verwendet. Das Video könne diese Wirkung verstärken und verstoße gegen Ziffer 11 des Pressekodex: Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid. Die Presse beachtet den Jugendschutz.
Persönlichkeitsrechte verletzt sah der Presserat in der Zeitschrift „Die Aktuelle“ und erteilte auch ihr eine öffentliche Rüge. Grund: Sie habe zunächst berichtet, dass der Comedy-Star Gaby Köster im Rollstuhl sitze. Das sei auf ein Foto von ihrem Wohnhaus gestützt gewesen, vor dem eine Rollstuhlrampe zu sehen war. Wenig später habe die Zeitschrift „ein Wunder“ gemeldet: Gaby Köster könne wieder laufen.
Der Presserat sieht nicht nur einen Grundsatz verletzt. So stellte er zunächst fest, dass auch bei Krankheiten von Prominenten zurückhaltend berichtet werden müsse, denn Richtlinie 8.4 des Kodex lautet: Körperliche und psychische Erkrankungen oder Schäden fallen grundsätzlich in die Geheimsphäre des Betroffenen. Mit Rücksicht auf ihn und seine Angehörigen soll die Presse in solchen Fällen auf Namensnennungen und Bild verzichten und abwertende Bezeichnungen der Krankheit oder der Krankenanstalt, auch wenn sie im Volksmund anzutreffen sind, vermeiden. Auch Personen der Zeitgeschichte genießen über den Tod hinaus Schutz vor diskriminierenden Enthüllungen.
Schwerer wog für den Presserat, dass die Zeitschrift falsch informiert habe. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung saß Köster nämlich nicht im Rollstuhl. Man gewann gar den Eindruck, die Nachricht sei bewusst platziert worden, um die vermeintliche Genesung als Wunder zu melden. Öffentliche Rügen müssen von den davon betroffenen Medien veröffentlicht werden.
Siehe auch: www.presserat.de