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An Paul von Hindenburg scheiden sich die Geister

Leserbriefe

An Paul von Hindenburg scheiden sich die Geister

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    Der Standpunkt von Torsten Schleicher bedarf keines weiteren Kommentares. Er hat recht. Andererseits bleibt es jeder Kommune überlassen, umstrittene, fragwürdige oder zwiespältige Personen der Geschichte als Namensgeber zu ehren. Dann halte ich es aber für zwingend erforderlich, dass Hindenburg (wenn man ihn schon in Ehren halten will) oder andere Repräsentanten in einer Weise dargestellt werden, die dem Betrachter eine historisch-kritische Einschätzung ermöglicht. Dies schließt aus, dass prominente Namensgeber schlicht in eine Reihe gestellt und ohne Erläuterung „rein menschlich“ präsentiert werden. Dafür scheint aber das Geld in den klammen Kommunen nicht vorhanden zu sein oder man scheut die Auseinandersetzung mit den Sympathieträgern.

    Dieter Jonas, 97688 Bad Kissingen

    Hindenburg war zwar von Haus aus Monarchist, doch war er in der Republik „angekommen“, und als deren höchster Repräsentant hätte ein korrekter Preuße wie er niemals von sich aus Gesetze gebrochen oder unterlaufen. Hindenburg wollte Hitler nicht, das steht fest, und er forderte die übrigen Reichstagsparteien zweimal auf, von sich aus einen weiteren Kandidaten zu benennen – zweimal verweigerten sie sich. Beim dritten Mal, so sah es die Reichsverfassung vor, blieb ihm nichts anderes übrig! Im Übrigen sind alle Zeitzeugen einhellig der Meinung, dass Ende 1932/Anfang 1933 nicht abzusehen war, wohin diese Ernennung schließlich führen sollte. Hindenburg war beim deutschen Volk aber hauptsächlich deswegen angesehen, weil er 1914/15 nach dem Überfall der russischen Armee auf Ostpreußen diese zurückschlug. Darin besteht seine eigentliche Leistung, und um derentwillen hat er auch heute noch die Benennung von Straßen und Plätzen in hohem Maße verdient! Übrigens: In England hat „Bomber-Harris“ noch in jüngerer Zeit ein Denkmal gesetzt bekommen – und die Queen findet das richtig!

    Karl-Heinz und Rainer Claaßen, 97618 Wülfershausen

    Heute Hindenburg, morgen Bismarck. Wer weiß, wer übermorgen vom Sockel gestoßen wird? Der Name Hindenburg wurde nicht grundlos glorifiziert; er ist verbunden mit der Schlacht von Tannenberg im August 1914, wo die tief nach Ostpreußen eingedrungene russische Armee vernichtend geschlagen wurde. Die militärische Leistung des Befehlshabers der 8. deutschen Armee und dessen Stabschef Ludendorf fand damals über alle Parteigrenzen hinweg, insbesondere aber bei der durch die russische Kriegsgräuel gequälten ostpreußischen Bevölkerung, begeisterte Anerkennung. Kein Wort hiervon ist in Ihrem Bericht zu lesen. Wer sich näher mit den Zuständen in Deutschland nach dem demütigenden Friedensvertrag von Versailles von 1919 beschäftigt, mag ein gewisses Verständnis dafür aufbringen, dass man sich von der populären Symbolfigur Hindenburg auch als Reichspräsident Rettung aus Not und Elend versprach. Man sollte also die Entscheidung der damals zuständigen Gremien, Hindenburg durch die Benennung von Straßen und Plätzen zu ehren, respektieren. Immerhin wurde dieser auch 1932, gegen den Widerstand Hitlers, als Reichspräsident wiedergewählt. Dass nunmehr sogar biedere Dorfbürgermeister über Umbenennungen diskutieren wollen, verstärkt den Eindruck einer würdelosen Geschichtsvergemessenheit.

    Ludwig Schierlitz, 97737 Gemünden

    Wohl jedem verantwortungsbewussten deutschen Nachkriegspolitiker dürfte die unrühmliche Rolle Paul von Hindenburgs bei der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 bekannt sein. Weshalb wurden dann nicht nach Kriegsende alle nach dem umstrittenen einstigen General und Reichspräsidenten benannten Straßen und Plätze in Deutschland umbenannt, sodass es heute allein in Unterfranken noch neun mit dem Erbe Hindenburgs belastete Gemeinden gibt? Hätte man spätestens in den 50er Jahren konsequent alle Hindenburg-Straßen und Plätze im Bundesgebiet umbenannt, so bräuchten sich bestimmte Lokalpolitiker nicht mehr zu fragen, ob eine Umbenennung heute „noch Sinn“ macht.

    Manfred Radina, 97421 Schweinfurt

    Torsten Schleicher beschreibt das ungute Wirken des Paul von Hindenburg recht genau. Hier noch einige Ergänzungen. Als Hindenburg behauptete, die Armee sei von hinten erdolcht worden, sprach er die Unwahrheit. Denn am 29.9.1918 drängten Erich Ludendorff und Hindenburg die kaiserliche Regierung, Waffenstillstandsverhandlungen mit der Entente aufzunehmen. Die oberste Heeresleitung selbst bestand auf Beendigung der militärischen Aktionen. Zu diesem Zeitpunkt löste sich die Armee schon längst auf, allein am 8.8. hatten sich 30 000 deutsche Soldaten freiwillig in Gefangenschaft begeben. Pikanterweise überließen es die beiden Obengenannten dem Politiker Erzberger als deutschem Verhandlungsführer, die Kapitulation zu unterzeichnen. Als Hindenburg Hitler zum Reichskanzler ernannte, blieb er seinem infamen Charakter treu! Hindenburg handelte nicht im Sinn von preußischen Tugenden: Immanuel Kant plädierte für unbedingte Wahrhaftigkeit. Paul von Hindenburg, auch Erich Ludendorff, beide waren keinen Schuss Pulver wert!

    Christl Neeb, 97725 Elfershausen

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