Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Meinung
Icon Pfeil nach unten
Leserbriefe
Icon Pfeil nach unten

Kind sein ist heute sehr schwer geworden

Leserbriefe

Kind sein ist heute sehr schwer geworden

    • |
    • |

    Zum Artikel „Sie haben keine Lust mehr“ (7.3.), in dem es um die Belastung von Schülern, Eltern aber auch Lehrern durch das achtjährige Gymnasium geht:

    Das G8 wurde 2003 von Ministerpräsident Stoiber angekündigt und in Windeseile eingeführt, ohne dass die nötige konzeptionelle Vorarbeit geleistet werden konnte. Fachleute an den Schulen, im Kultusministerium Eltern wiesen deutlich auf absehbare Schwierigkeiten hin, hatten aber gegenüber dem starken Druck der politischen Führung das Nachsehen. Auch die CSU-Fraktion im Landtag beugte sich zähneknirschend dem Willen des Ministerpräsidenten und nickte die Reform ab, teils wider besseres Wissen. Wer wollte, konnte schon damals die jetzt mit großem Geschrei beklagten Probleme sehen. Aber wenn Parteidisziplin vor Vernunft geht, ist das kaum möglich. Der einflussreiche Philologenverband bekämpfte zunächst vehement die Reform, verweigerte aber dem Volksbegehren zur Beibehaltung des G9, das 2005 kläglich scheiterte, die Unterstützung. Auch andere Lehrerverbände und sämtliche Parteien (außer der unbedeutenden ÖDP) ließen die G-8-Gegner im Regen stehen. Das Wahlvolk, das sich ein paar Monate vorher noch viel stärker in der Frage des Waldgesetzes artikuliert hatte, trägt durch seine damalige Gleichgültigkeit eine gehörige Portion Mitschuld an der momentanen Situation. Sich jetzt so aufzuregen erscheint höchst widersprüchlich. Und: sollte, was zu befürchten ist, ausgerechnet die bayerische SPD aus nackter Not über schlechte Umfragewerte versuchen, aus dem aktuellen Unmut über das G8 Kapital zu schlagen, wie das Frau Ypsilanti in Hessen vorgemacht hat, wäre das ein schlechter Witz. Angesichts der Stimmenverluste will man ähnlich wie beim Rauchverbot nun offenbar schnell noch nach bessern, um Stimmenverlusten bei den Landtagswahlen im Herbst vorzubauen. Wenn man etwas ändert, dann bitte mit größter Umsicht. Ein ständiges Hin-und-Her ist Schülern und Lehrern nicht zuzumuten. Ausgerechnet der Hauptverantwortliche für die momentane Lage kümmert sich jetzt um den Bürokratieabbau in der Europäischen Union.

    Georg Werther, 97286 Sommerhausen

    Auch ich bin kein Freund des G8. Für mich ist es die Idee des achtjährigen Gymnasiums, die Schüler bedarfsgerecht auf wirtschaftliche Interessen einzustellen. Nur so kann ich es verstehen, wenn die Stunden für Kunst und Musik so massiv gestrichen werden. Die Probleme der heutigen Schülergeneration allein im G8 zu sehen, greift aber bei weitem zu kurz. Zum einen belastet die Jugendlichen der Umgang mit den Medien. Ein großer Teil verbringt heute mehr Zeit im Schüler-VZ als mit den Hausaufgaben. Das ist keine Erholung, die den Geist und den Körper stärkt. Dazu kommt unser Freizeitverhalten. Gegenüber meiner Schülerzeit haben wir mehr Ferien.. Auch das Wochenende ab Freitagnachmittag wird von vielen Eltern und Schülern als vollkommen schulfreie Zeit verstanden. Viele Schüler kommen nach dem Wochenende erschöpft wieder in die Schule. Dieser ständige Wechsel von massiver Anspannung und völliger Entspannung bzw. „Freizeitstress“ ist eine gewaltige Belastung.

    „Sich jetzt aufzuregen erscheint widersprüchlich“

    Georg Werther Leserbrief-Autor

    Kein Sportler kann so dauerhaft gute Leistungen erzielen. Schließlich kommt die gesellschaftliche Bewertung der Schule hinzu. Ein Jugendlicher, der ständig hört, dass Schule „blöd“ ist, wird kaum motiviert den Unterricht besuchen. Ich befürchte, dass ohne Berücksichtigung dieser Bildung feindlichen Tendenzen am G8 „nachgebessert“ wird. Weitere Stundenkürzungen wären eine Katastrophe. Die Intensivierungsstunden sind ein Erfolg. Auch der Vorschlag, die Hausaufgaben im Unterricht zu machen, ist lächerlich. Diese sind zur Einübung notwendig. Statt die Schule „neu“ zu erfinden, wäre eher eine Rückbesinnung sinnvoll.

    Siegfried Hutzel, 97297 Waldbüttelbrunn

    Selbst Mutter von drei Kindern, davon einer 12-jährigen Tochter auf dem Gymnasium und einem Sohn, der ab Herbst aufs Gymnasium geht, verfolge ich die Diskussion um das G8 seit geraumer Zeit gespannt. Ich kann Frau Osthoff aus Würzburg nur zustimmen, denn der Druck, der auf die Kinder ausgeübt wird, wird von Jahr zu Jahr stärker. Und er wird systematisch „nach unten“ weiter durchgereicht. Bei der ganzen Sache wird übersehen, dass es um Kinder geht, die aber in der heutigen Gesellschaft aber kein Recht mehr bekommen, Kind zu sein. Und da nutzen all die schönen Förderprogramme und Worte unserer Familienministerin nichts: Kind sein, ist heute schwer – und das nicht nur am Gymnasium! Was die Kürzung beim G8 betrifft, bringt es gar nichts, einzelne Teilbereiche des Stoffes zwischendrin rauszukürzen, da dies irgendwann dazu führt, dass der Überblick und das Verständnis verloren geht. Sinnvoller wäre eine Neustrukturierung des Stoffes, Verzicht auf unnötige Details und Anpassung an die verkürzten Jahre. Damit einhergehen könnte dann auch eine Reduzierung der Stundenzahl. Denn der Nachmittagsunterricht schlaucht die Kinder enorm, zumal wenn sie dann noch ein bis zwei Stunden Hausaufgaben und Unterrichtsvorbereitungen machen müssen. Für Lehrlinge bestehen umfangreiche Arbeitschutzregeln, was die Arbeitszeit angeht, nur unsere Gymnasiasten bleiben da auf der Strecke! Und ich rede von der Unterstufe, in der die Kinder elf bis 13 Jahre alt sind. Hier muss massiv etwas geändert werden, damit die Kinder wieder mehr Freizeit haben und auch Neigungen, Hobbys und sportlichen Tätigkeiten nachgehen können. Aber das Frustrierenste an der ganzen Diskussion um das G8 ist, dass ich ganz genau weiß, dass durchgreifende Verbesserungen mein und der Wunschtraum vieler Eltern bleiben wird.

    Silvia Engels-Fasel, 97340 Marktbreit

    Was passiert beispielsweise im Krankheitsfall, wenn ein Schüler krankheitsbedingt für ein bis zwei Wochen nicht am Unterricht teilnehmen kann? Das tägliche Lernpensum scheint enorm zu sein und täglich kommt Neues hinzu. Deshalb nochmals meine Frage: Wie kann das ein Schüler aufholen, ohne noch größerem Druck ausgesetzt zu sein? Ich selbst habe keine schulpflichtigen Kinder mehr, weiß aber, wie groß der Stress nach einer überstandenen Krankheit war.

    Ingrid Zierlein, 97070 Würzburg

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden