Vor genau einem Vierteljahrhundert gingen in München rund 25 000 Menschen auf die Straße und demonstrierten gegen die Einschränkungen bei den Öffnungszeiten von Biergärten. Die Biergartenrevolution war erfolgreich: Fortan durften die bayerischen Orte des Glücks unter Kastanien bis 23 Uhr offen bleiben. Was kaum jemand weiß: Dabei handelte es sich um ein Konjunkturprogramm für die bayerische Automobilindustrie.
Herausgekommen ist das erst in diesen Tagen, als Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger mit Blick auf die Corona-Lockerungen verkündete: „Wenn man wieder in den Biergarten darf, dann kauft man auch wieder ein neues Auto.“ Da hat er sich ganz schön verplappert. Dass die Interpretation von Aiwangers Worten richtig ist, zeigt die pure Logik: Wer im Biergarten sitzt, muss schließlich irgendwie nach Hause kommen. Am besten standesgemäß in einem bayerischen Automobil – frei nach dem Motto „Tragt mich zum Auto, ich fahr' euch nach Hause“.
Dass das in Bayern kein Problem ist, hat ja schon Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein quasi in den inoffiziellen Anhang der bayerischen Verfassung diktiert: Wenn man binnen sechs oder sieben Stunden zwei Maß trinkt, könne man noch fahren, rechnete er vor. Eine weitsichtige wirtschaftspolitische Entscheidung, wie sich nun herausstellt. Um den Autoverkauf weiter anzukurbeln, denkt man im Aiwanger-Ministerium schon über eine Bierabwrackprämie nach, die an Brauereien fließt, die ihr in Corona-Zeiten nicht verkauftes und nun abgelaufenes Bier günstiger an den Endverbraucher abgeben, der dann mehr trinkt und noch mehr Autos kauft.