Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Meinung
Icon Pfeil nach unten
Unterm Strich
Icon Pfeil nach unten

Harte Linie von Scotland Yard beim Waffengebrauch umstritten

Unterm Strich

Harte Linie von Scotland Yard beim Waffengebrauch umstritten

    • |
    • |
    Ein Polizist steht Wache in Tooting (Süd-London), wo gestern neun Verdächtige verhaftet wurden.
    Ein Polizist steht Wache in Tooting (Süd-London), wo gestern neun Verdächtige verhaftet wurden. Foto: FOTO RTR

    London (dpa) Lähmender "Taser" statt gezielter Todesschüsse: Den möglichen Rucksackbomber Yasin Hassan Omar (24) haben die Antiterror-Spezialisten beim Zugriff in Birmingham mit einer Elektroschock-Pistole aus dem Verkehr gezogen. Am vergangenen Freitag hatten Polizisten bei der Fahndung nach den Attentätern von London den völlig unschuldigen Brasilianer Jean Charles de Menezes (27) mit acht gezielten Todesschüssen niedergestreckt - und dafür teils harsche Kritik einstecken müssen.

    Ob die harte Linie von Scotland Yard im Einsatz von Schusswaffen gegen mögliche Selbstmordattentäter nun aufgeweicht wurde, ist fraglich. Tatsächlich aber hat sich die erst seit wenigen Jahren in Großbritannien eingesetzte Betäubungswaffe jetzt auch im Einsatz gegen Terroristen bewährt.

    Seit dem Jahr 2003 können britische Polizisten bei der Verbrecherjagd den so genannten Taser benutzen. Er setzt Angreifer oder wie jetzt auch Terrorverdächtige mit Stromstößen außer Gefecht. Aus diesen Elektroimpulswaffen werden kleine, mit Widerhaken ausgestattete Nadeln bis zu sieben Meter weit geschossen. Sie sind mit stromführenden, an der Pistole angebrachten Drähten verbunden und durchdringen Kleidung bis zu einer Stärke von zwei Zentimetern. Polizist Simon Williams, der sich bei der Einführung probehalber mit dem Gerät beschießen ließ, sagte damals: "Es tut furchtbar weh, aber ich habe keine wirklichen Verletzungen."

    Menschenrechtsorganisationen äußerten mehrfach ihre Besorgnis über die aus den USA importierten Waffen. In Amerika sollen mit den Tasern nach Berichten schon etwa 100 Menschen getötet worden sein. Ein Sprecher der britischen Vereinigung führender Polizeioffiziere hält die Schießgeräte aber nach früheren Angaben für sicher, obwohl er Risiken einräumte: "Jede Waffe kann tödlich sein."

    Bei der deutschen Polizei kam ein Taser erstmals 2001 in Berlin zum Einsatz. Damals wurde ein 37-jähriger Mann, der sich aus dem fünften Stock eines Hauses stürzen wollte, mit einem Elektroschock-Schuss handlungsunfähig gemacht und so am Selbstmord gehindert. Die US-Herstellerfirma wirbt deshalb wohl nicht zu Unrecht mit dem Slogan "Rettet jeden Tag Leben" für ihr Produkt.

    Dies könnte auch im Fall des jetzt in Birmingham Festgenommen gelten. Denn nach den Angaben trug Omar beim Zugriff der Polizei einen Rucksack. Falls eine Bombe darin gewesen sein sollte, hätte der Lähmungsschuss den mutmaßlichen Terroristen wohl daran gehindert, den Sprengsatz zu zünden.

    Dennoch hatte Scotland Yard-Chef Ian Blair nach der irrtümlichen Erschießung von vergangener Woche gesagt, zu gezielten Todesschüssen gebe es keine Alternative, falls der Attentäter einen Bombengürtel am Körper trage: "Die einzige Möglichkeit ist ein Kopfschuss."

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden