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Mafia-Krieg in den Straßen Neapels

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Mafia-Krieg in den Straßen Neapels

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    "Die Stadt hat sich in einen Dschungel verwandelt", beklagt Leoluca Orlando, Ex-Bürgermeister von Palermo und einer der wenigen Überlebenden im Kampf gegen die Mafia gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Lange Zeit wähnte sich Italien in dem Glauben, die Mafia wenn nicht besiegt zu haben, so zumindest ruhig halten zu können. Ein einziges Mordopfer im Jahr 2003 schien das zu bestätigen. Die Hintergründe, die zu den offenen Hinrichtungen auf Neapels Straßen führen, zeigen, wie sehr sich besonders die italienische Regierung irrte. Nicht etwa der Kampf mit der Polizei liefert den Stoff für den Mafia-Krieg. Die Camorra, die neapolitanische Variante der Cosa Nostra in Sizilien und der N'Dragheta in Reggio Calabria, bekämpft sich selbst.

    Paolo Di Lauro, bislang unangefochtener Patrone der Camorra, musste aus Italien fliehen. Italienischen Medienberichten zufolge sollten seine Söhne versuchen, das Imperium zusammenzuhalten. Aber einst befreundete Clans rochen ihre Chance, selbst die Vorherrschaft im Drogenhandel zu übernehmen. Besonders um die beiden neapolitanischen Stadtteile Scampia und Secondigliano tobt seit etwa zwei Monaten ein grausamer Häuserkampf.

    Die Camorra-Kämpfer gehen mit unerbittlicher Härte vor. So berichtet die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" von einem Mord auf offener Straße, bei der das Opfer mit etlichen Kugeln regelrecht durchsiebt wurde. Besonders aufwühlend wirkte der Tod der 22-jährigen Gelsomina Verde. Die Freundin eines Camorrista wurde gefoltert, getötet und in ihrem Fiat 600 verbrannt.

    Regierung mitverantwortlich

    Indirekt macht Leoluca Orlando die Regierung von Silvio Berlusconi mitverantwortlich dafür, dass die Mafia nach wie vor unverhohlen ihren Geschäften nachgehen kann. "Wir haben eine Regierung, die dafür eintritt, dass Freiheit ohne Regeln, Sicherheit ohne Beachtung der Menschenrechte möglich und persönlicher Reichtum wichtig ist", sagte er der "Osnabrücker Zeitung". Legalität sei unter Berlusconi wie eine Option geworden - nach dem Motto: Möchten Sie Wasser mit oder ohne Kohlensäure oder Demokratie mit oder ohne Legalität?

    Trotz des Fahndungserfolges am Mittwoch, als die italienische Polizei 25 Millionen Euro eines Maficlans beschlagnahmen konnte, zeigt auch die Justiz im Kampf gegen das organisierte Verbrechen nicht gerade Zähne. In einem Bericht der Deutschen Presseagentur (dpa) klagte ein Staatsanwalt, dass die Justiz inhaftierte Mafiosi wieder frei lasse. "Wenn ein Neapolitaner einen Kriminellen anzeigt und sieht, wie der nach Tagen wieder frei kommt, ist das nicht ermutigend", zitiert die dpa einen Mafia-Experten.

    Hinzu kommt die schlechte Ausstattung der Polizei. 40 Prozent der Streifenwagen seien nicht einsatzfähig, so die Polizeigewerkschaft. Selbst ein Wagen zum Schutz eines Richters musste nach dpa-Informationen in der Garage bleiben, weil die Bremsen nicht funktionierten.

    Wenig Trost spenden den Neapolitaner die spärlichen Erfolgsmeldungen der Polizei wie vor gut drei Wochen. 52 Festnahmen meldeten die italienischen Medien nach einer Großrazzia in Neapel. Mit ins Netz ging ein Sohn des Mafiabosses Paolo Di Lauro. Den entscheidenden Hinweis habe ein Clan-Mitglied gegeben. Nur wenige Tage später streckten Killer in wenigen Stunden vier Menschen auf offener Straße nieder.

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