Moskau (dpa/afp) In der Zehn-Millionen-Stadt Moskau gehen die Lichter nicht aus, aber es werden merklich weniger. Russland hat die größten Energievorräte der Welt, doch im bitteren Frost um minus 30 Grad ächzt die Energieversorgung unter den Belastungen. Die seit Tagen andauernde Extremkälte fordert Opfer: Allein in der Nacht zum Freitag starben in Moskau sieben Menschen an Unterkühlung. Bei der seit Montag andauernden Kältewelle erfroren bei bis zu minus 61 Grad in einigen Teilen Russlands nach offiziellen Angaben bereits 71 Menschen, 16 davon in Moskau.
Im Kampf mit der Kälte mobilisieren die Energieversorger in Moskau alle Reserven. Meldungen aus den Hauptquartieren klingen wie Frontberichte. "Am Donnerstagabend hatten wir einen Spitzenverbrauch von 16 100 Megawatt", verkündete der Chef des Stromkonzerns EES Rossii, Anatoli Tschubais. "Am Freitagabend müssen wir eine ebenso große oder noch größere Last schultern."
Selbst wenn die Lage derzeit noch beherrschbar ist, sitzt den Stromversorgern der Schock vom Mai 2005 noch in den Knochen. Da hatten sie den Brand in einem Umspannwerk nicht ernst genug genommen. Dessen Ausfall ließ in einer Kettenreaktion das Netz in halb Moskau zusammenbrechen. Millionen von Menschen saßen wie im Katastrophenfilm in der U-Bahn fest, standen in Staus oder irrten zu Fuß durch die Straßen.
Solche Kettenreaktionen im Stromnetz drohen auch diesmal, wenn die polare Kälte wie angekündigt bis Ende Januar andauert. Einzelne Umspannwerke arbeiten bereits 23 Prozent über der Norm. "Bei 25 Prozent ist Schluss", sagte Tschubais. Die Infrastruktur des Stromnetzes ist alt. Ein Teil stammt noch aus Lenins Großprojekt "Sowjetmacht + Elektrifizierung des ganzen Landes = Kommunismus" der 1920er Jahre. Der Gaskonzern Gasprom liefert den Kraftwerken wegen der Kälte weniger Gas. Die Werke müssen auf Kohle oder teures Heizöl umsteigen, die nicht überall auf Vorrat liegen. Also muss in Moskau Strom gespart werden.