Ihre Behörde musste am Sonntag allerdings einräumen, dass ein nahezu identisches Dokument bereits 1997 veröffentlicht worden war. Dies war einer Vielzahl von Experten sowie Medien und Öffentlichkeit unbekannt geblieben.
Das neue Dokument ordnet unverzügliches Schießen auf Flüchtlinge an, selbst wenn diese in Begleitung von Kindern waren. Der Text wurde in der Magdeburger Außenstelle der Stasi-Unterlagenbehörde gefunden und von der „Magdeburger Volksstimme“ bekannt gemacht. Er richtete sich an Angehörige des DDR-Geheimdienstes, die als normale Soldaten getarnt bei den Grenztruppen eingesetzt waren und fluchtwillige Kameraden aufspüren sollten.
In der Berliner Dienstanweisung vom 1. Oktober 1973 heißt es: „Zögern Sie nicht mit der Anwendung der Schusswaffe, auch dann nicht, wenn die Grenzdurchbrüche mit Frauen und Kindern erfolgen, was sich die Verräter schon oft zunutze gemacht haben.“
Birthlers Sprecher Andreas Schulze sagte, nach bisher gefundenen Dienstanweisungen hätten die Grenztruppen immer mehrfach und eindeutig vorwarnen sollen. Davon stehe in dem nun entdeckten Schießbefehl nichts. Der Befehlsgeber ist laut dem Leiter der Magdeburger Außenstelle der Stasi-Unterlagenbehörde, Jörg Stove, mangels Briefkopf oder Absender auf dem Dokument nur schwer zu ermitteln.
Birthler unterstrich: „Wir sind noch lange nicht am Ende der Aufarbeitung.“ Mehrere Politiker und Experten forderten die Staatsanwaltschaft Magdeburg auf, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu prüfen. Auch die Vereinigung der Opfer des Stalinismus und der Direktor der Stasiopfer-Gedenkstätte-Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, plädierten dafür.
Laut „Magdeburger Volksstimme“ waren mehr als 2800 DDR-Grenzsoldaten in den Westen geflohen. Die Zahl getöteter DDR-Flüchtlinge liegt nach Angaben des Potsdamer Zentrums für Zeithistorische Forschung zwischen 270 und 780.
Anlässlich des Jahrestags des Mauerbaus am 13. August 1961 wird Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) an diesem Montag an der Gedenkstätte Bernauer Straße einen Kranz niederlegen. In einer nahen Kapelle ist eine Gedenkfeier geplant.
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