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Wenn Politik "den Moritz macht"

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Wenn Politik "den Moritz macht"

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    text PR-Berater Hunzinger
    text PR-Berater Hunzinger Foto: FOTO DPA

    PR-Strategen wie Moritz Hunzinger leben in einer schizophrenen Welt, in der zwei Grundsätze gelten: "Trommeln gehört zum Handwerk", ist einer. "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold", lautet paradoxerweise der andere, den Hunzinger vielleicht nicht so intensiv verinnerlicht hat wie den ersten.

    Das mag daran liegen, dass er mit 21 Jahren ins PR-Geschäft einstieg, und mit heute 46 Lebensjahren für weniger schrille Metiers verdorben scheint. Wer das nicht glaubt, muss nur die Internet-Seite www.moritz-hunzinger.de aufrufen - oder ist es nur Pfeifen im dunklen Wald für einen, der zu gerne noch im Licht stünde?

    "Moritz Hunzinger, ein Star im Geschäft der Öffentlichkeitsarbeit, der Politikvermittlung und natürlich auch der dazu gehörenden Krisenkommunikation," lässt er sich auf der Startseite von der FAZ in höchsten Tönen loben. "Moritz Hunzinger gehört zu Recht zu den bewunderten Unternehmensgründern der Republik," ist der Vizepräsident des Europäischen Parlaments zitiert, und ein Dutzend weiterer Elogen sind noch aufgeführt. So sieht sich Hunzinger gerne - ganz gleich, was die Presse gerade über ihn schreibt.

    Immer im edlen Zwirn, die Brille künstlerisch gestylt, das Haar kunstvoll verstrubbelt wie ein frisch aus dem Bett gefallener Opern-Tenor - der 46-jährigen hat den Beruf des PR-Beraters ins Rampenlicht gebracht, nicht eben zum Vorteil der Zunft, wie es scheint.

    Hunzinger hatte es sich zur Aufgabe gemacht, prominente Politiker mit Vertretern der Wirtschaft zu Häppchen und Info-Häppchen zusammenzubringen, dank langjährig aufgebauter Kontakte und einer Kartei, die seinen eigenen Angaben zufolge 65 000 Adressen und Telefonnummern enthielt.

    Ehe er im April 2004 in der eigenen Firma den Stuhl vor die Tür gesetzt bekam, fanden laut eigener Erfolgsbilanz "mit hoher Plazierungskraft unter seiner Regie 1500 Pressekonferenzen, 500 Parlamentarische Abende und 150 Politische Salons" statt. Mal wurde ein bekanntes Polit-Gesicht für ein Vortrag gebraucht, mal nur für die Teilnahme an einem diskreten Essen bezahlt, gelegentlich auch nur mit einer Parteispende erfreut, "selbstverständlich, ohne dass eine Gegenleistung gefordert oder erbracht wurde," betonen die Empfänger auch jetzt wieder gerne, wo sie "den Moritz gemacht" hatten, wie es in der Branche spöttisch heißt und mit Schecks von Hunzinger in Verbindung gebracht werden.

    Das gilt inzwischen (zumindest in einigen Parteien) inzwischen als echter Karriere-Killer. Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) musste wegen der geschäftlichen Beziehungen zu Hunzinger seinen Hut nehmen. Auch der frühere Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir stolperte nach der Bonusmeilenaffäre über einen Kredit Hunzingers und legte sein Mandat nieder.

    Beim Spenderessen mit Rüstungslobbyist Karlheinz Schreiber, das CDU-Chef Wolfgang Schäuble sein Amt kostete, war Hunzinger dabei - ebenso wie seine enge Freundin Kristina Gräfin Pilati, heute Ehefrau Scharpings. Kennengelernt hat sich das Paar - wer hätte es gedacht - auf einer Veranstaltung Hunzingers. Zuletzt wurden dem baden-württembergischen Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP) Beziehungen zu Hunzinger zum Verhängnis. Zuerst nahmen sie seine Schecks und dann ihren Hut

    Ein Jahr nach seiner Entlassung aus dem von ihm gegründeten Unternehmen sorgt der Mittvierziger Hunzinger mit seinen Scheck-gestützten Kontakten erneut für Wirbel. Den nun in den Ruch dubioser Zahlungen geratenen Politikern schrieb er, er bedaure Indiskretionen aus deren Umfeld. "Politik ist kein schönes Metier", heißt es in einem Brief an Verbraucherschutz-Ministerin Renate Künast. Das wird sie ziemlich getröstet haben.

    Indessen droht der inzwischen arbeitslose PR-Stratege mit neuen Enthüllungen: "Meine Foreign Affairs - 25 Jahre PR-Praxis" soll ein Buch heißen, "das im wesentlichen fertiggestellt ist", heißt es. Manchem muss dies wie eine Drohung vorkommen, das beinahe drohend im Internet.

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