Es gab mal eine Zeit, in der den Deutschen nachgesagt wurde, sie würden den politischen Diskurs mit ihrer zivilisierten Langeweile in einen trägen Dämmerschlaf versetzen. Das allzu Gefühlige empfanden die meisten im Land als befremdlich, wenn nicht gar als ungehörig. Politik hatte zu funktionieren und sich nicht in seifenopernähnlichen Dimensionen zu bewegen. Mehr Buchhalter als Anführer. Journalisten empörten sich regelmäßig, dass sich das Volk nicht genug empört. Demokratiegefährdend sei das, hieß es. Dabei schien die Demokratie im Rückblick selten so gefestigt wie in diesen öden Jahren. Heute kochen die Gefühle, die Emotionalisierung des Politischen erlebt ständig neue Höhen – und mit ihr gedeiht der Populismus.
Berlin