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Kommentar: Die Politik drückt sich vor den wahren Problemen der Bürger

Kommentar

Die Politik drückt sich vor den wahren Problemen der Bürger

Michael Pohl
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    Zwei Drittel der Deutschen sorgen sich massiv um die steigenden Lebenshaltungskosten.
    Zwei Drittel der Deutschen sorgen sich massiv um die steigenden Lebenshaltungskosten. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Verantwortliche in der Politik, aber auch in den Medien sind gut beraten, wenn es um die Stimmung der Menschen im Lande geht, nicht nur auf Ergebnisse in Wahlen und Sonntagsfragen zu schielen, sondern besser auf eines der zuverlässigsten Barometer: Seit über 30 Jahren legt die Versicherung der Volksbanken und Raiffeisenbanken jährlich die Studie „Die Ängste der Deutschen“ vor. Doch selten unterschieden sich die wahren Sorgen der Menschen so stark wie dieses Jahr von den Debatten, die in der großen Politik geführt werden. 

    Deutsche sorgen sich am meisten um Lebenshaltungskosten

    Als mit Abstand größte Sorge bewegt die Deutschen der Anstieg der Lebenshaltungskosten. Zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger plagt diese Furcht, knapp gefolgt von der Angst, dass Wohnen in Deutschland für sie unbezahlbar wird. Erst mit weitem Abstand auf Platz vier folgt die Furcht vor einer Überforderung durch unkontrollierte Zuwanderung und erst auf Rang 13 die Bedrohung durch den Klimawandel. Letztere beide Themen, über die sich derzeit die Parteien die Köpfe heiß reden oder einen Großteil ihrer politischen Energie darauf verwenden. 

    Die größten Sorgen der Deutschen aber sind alles andere als unbegründet: Seit dem Jahr 2020 sind die Lebenshaltungskosten insgesamt um über 16 Prozent gestiegen. Allein die Stromrechnung wurde trotz Energiepreisbremsen um knapp 50 Prozent teurer, die Benzinpreise um ein Drittel. Dieser Tage flattern bei Autobesitzern die heftigsten Erhöhungen der Kfz-Versicherung aller Zeiten in die Briefkästen. Und wer dafür sein Konto überzieht, zahlt inzwischen oft horrende 15 Prozent Zinsen. 

    Auch die Politik dreht kräftig an der Kostenschraube

    Und die Politik? Auch sie dreht kräftig an der Kostenschraube der Privathaushalte. Kommendes Jahr steigen die Krankenkassenbeiträge auf Rekordhöhe. Spätestens im April soll die Mehrwertsteuer auf Gas wieder von sieben auf 19 Prozent steigen. 

    Letzteres wäre ein bemerkenswert gutes Geschäft für den Finanzminister. Da sich der Gaspreis seit dem Ukrainekrieg fast verdoppelt hat, auf den die Mehrwertsteuer draufgeschlagen wird, kann sich der Staat unterm Strich über fast doppelt so hohe Einnahmen freuen. Eine beim Heizen sparsame Durchschnittsfamilie würde auf die explodierten Gaskosten obendrein allein für die Mehrwertsteuererhöhung nochmals 140 Euro im Jahr mehr bezahlen als 2021.

    Obwohl die Energiekosten für zig Millionen Menschen längst eine zweite Miete bedeuten, will die Bundesregierung zum Jahreswechsel Sprit, Gas und Heizöl künstlich noch weiter verteuern. Aus vorgeblichen Klimaschutzgründen will die Ampel hier die Treibhausgasabgabe kräftig erhöhen. Ursprünglich hatte die Koalition zum Ausgleich der Mehrkosten einmal ein pauschales „Klimageld“ versprochen. Die Menschen warten bis heute vergeblich darauf. 

    Die Inflation trägt ein besonders unsoziales Gesicht

    Die Inflation trägt ein besonders unsoziales Gesicht: Wer nicht zu den Gutverdienenden im Land gehört, muss einen deutlich höheren Anteil seines Einkommens für Lebensmittel und Energie aufwenden. Wer in Jobs außerhalb von Tarifverträgen arbeitet, profitiert viel weniger von Lohnerhöhungen. 

    Als besonders unsozial muss man auch eine Politik brandmarken, die all diese Probleme lieber verdrängt, als die Sorgen der normalen Leute ganz oben auf ihre Tagesordnung zu setzen. Die Ängste der Deutschen zeigen, dass die soziale Krise inzwischen bis weit hinauf in die Mittelschicht reicht. Wer meint, der wachsende Unmut in der Gesellschaft ließe sich nur mit einer neuen Flüchtlingspolitik eindämmen, irrt gefährlich. 

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