(dpa) An unnötig langen Wartezeiten von Kassenpatienten sind nach Darstellung des AOK-Bundesverbandes häufig die Ärzte schuld: Sie arbeiteten zu wenig für das erhaltene Geld, sagte der designierte Verbandsvorsitzende Jürgen Graalmann am Freitag bei einem Presseseminar in Berlin. „Aktuell bringen die Versicherten rund vier Milliarden Euro mehr für die ärztliche Versorgung auf, als sie real dafür bekommen.“ Vor allem Fachärzte hielten die zugesagte Arbeitszeit von 51 Wochenstunden für die Behandlung von Kassenpatienten nicht ein.
Das pauschale Argument ärztlicher Standesvertreter, Wartezeiten seien dem Ärztemangel geschuldet, wies Graalmann zurück. Er forderte die Kassenärztlichen Vereinigungen auf, den Missstand zu beenden. Sie hätten dafür zu sorgen, dass die Mediziner ihre für die Behandlung von Kassenpatienten zugesagten 51 Wochenstunden auch tatsächlich leisten. Viele der niedergelassenen Mediziner widmeten einen zu großen Teil ihrer Arbeitszeit Privatpatienten und sogenannten Wahlleistungen, die Kassenpatienten selber bezahlen.
Eine von der AOK in Auftrag gegebene Umfrage ergab, dass Hausärzte rund 47 Stunden in der Woche für ihre Patienten da sind, Fachärzte dagegen nur 39 Stunden. Dennoch bekämen die Mediziner ein Honorar, „das dem mit 51 Stunden kalkulierten Lohn entspricht“, kritisierte Graalmann.
Graalmann nannte Wartezeiten von mehr als einer Woche für einen Arzttermin nicht akzeptabel – vor allem dann, wenn Privatpatienten vorgezogen würden. 20 Prozent der gesetzlich Versicherten müssten drei Wochen und mehr auf einen Arzttermin warten. Dies komme auch daher, dass Ärzte ihre Praxen aus Budgetgründen zum Quartalsende schlössen und Behandlungen ins nächste Quartal verschöben.