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BERLIN: Bertelsmann-Studie: Toleranz der Deutschen hat Grenzen

BERLIN

Bertelsmann-Studie: Toleranz der Deutschen hat Grenzen

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    Gegeneinander statt Miteinander: Drei von vier Deutschen finden etwa, dass Ausländer ihren Lebensstil dem deutschen anpassen sollten. Das geht aus der aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor.
    Gegeneinander statt Miteinander: Drei von vier Deutschen finden etwa, dass Ausländer ihren Lebensstil dem deutschen anpassen sollten. Das geht aus der aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor. Foto: Foto: Arno Burgi, dpa

    Die Toleranz der Deutschen hat ihre Grenzen. Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung sind das Verständnis für Homosexuelle und deren Akzeptanz in den vergangenen Jahren zwar kontinuierlich gestiegen – Zuwanderern allerdings begegnen viele Bundesbürger weiterhin mit großer Skepsis.

    So finden drei von vier Deutschen, dass Ausländer ihren Lebensstil dem deutschen anpassen sollten. Zum Vergleich: In den ersten Jahren nach dem Mauerfall unterschrieben diese These lediglich 57 Prozent der Befragten. Anstatt Vielfalt als Chance zu begreifen, betonte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Liz Mohn, „empfinden offenbar noch immer viele Deutsche Zuwanderung als Bedrohung“. In der Studie selbst heißt es wörtlich: „Die Bereitschaft, Einwanderer die Sitten und Gebräuche ihrer Herkunftskultur pflegen zu lassen, hat über die Zeit eher nachgelassen.“

    Insgesamt ist der gesellschaftliche Zusammenhalt in der Bundesrepublik in den vergangenen Jahren jedoch gestiegen - wenn auch in unterschiedlichem Tempo. Bei ihren Recherchen für die Studie stieß eine Gruppe von Sozialwissenschaftlern der Bremer Jacobs-Universität im Auftrag der Stiftung immer wieder auf höchst unterschiedliche Befindlichkeiten in Ost und West. So hegen die Bürger in der ehemaligen DDR nach wie vor ein größeres Misstrauen ihren Mitmenschen gegenüber als ihre Landsleute im Westen - möglicherweise eine späte Folge der realsozialistischen Überwachungspolitik. Auch mit ihrem Lebensstandard und der Verteilung des Wohlstandes sind die Ostdeutschen deutlich unzufriedener. Während im Westen mehr als die Hälfte der Bundesbürger der Ansicht ist, dass es einigermaßen gerecht zugeht in Deutschland, behaupten das in Sachsen-Anhalt nur 22 Prozent.

    Als Indikatoren für einen ausgeprägten Gemeinsinn ziehen die Autoren der Studie unter anderem Befragungen über die Größe des Freundeskreises, das Vertrauen in staatliche Institutionen wie Polizei, und Justiz, die Spendenbereitschaft und die Beteiligungen an Wahlen, aber auch die Ansichten über Zuwanderer, Schwule und Lesben heran. Überdurchschnittlich gut schneiden im bundesweiten Vergleich dabei Hamburg, Baden-Württemberg, Bremen, das Saarland und Bayern ab, unterdurchschnittlich schlecht Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Seit Beginn der Erhebungen vor 24 Jahren war der Abstand zwischen Ost und West dabei noch nie so groß wie Ende 2012, was die Bremer Forscher sich vor allem dem geringeren Wohlstand und den demografischen Problemen in den neuen Bundesländern erklären.

    „In vielen Regionen im Osten scheint der zwischenzeitliche Optimismus einer gewissen Ernüchterung gewichen zu sein“, sagt Kai Unzicker von der Bertelsmann-Stiftung. „Je höher das Bruttoinlandsprodukt eines Bundeslandes, je niedriger das Armutsrisiko, je urbaner das Wohnumfeld und je jünger die Bevölkerung, desto höher der Zusammenhalt.“

    Das zeigt sich, nicht zuletzt, an der Bereitschaft, für soziale und karitative Zwecke zu spenden. In Ländern wie Bayern, Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz tun dies mehr als 60 Prozent der Befragten mindestens einmal im Jahr, in Brandenburg dagegen nur 50 Prozent. Auch die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, ist im Westen deutlich ausgeprägter: in Baden-Württemberg mit 44, in Mecklenburg-Vorpommern mit 18 Prozent.

    Im internationalen Vergleich ist Deutschland mit solchen Zahlen nur Mittelmaß. Zu den Ländern, in denen Gemeinsinn und Zusammenhalt besonders ausgeprägt sind, zählte die Bertelsmann-Stiftung in einer Untersuchung aus dem vergangenen Jahr nicht nur die nordischen Staaten Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland, sondern auch Kanada, die USA, Neuseeland und Australien.

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