Er löste den Sinkflug aus, zuvor suchte er im Internet nach Suizidmethoden und Infos über die Sicherheit von Cockpittüren: Nach dem Germanwings-Absturz verdichtet sich der Verdacht gegen den Co-Piloten, das Flugzeug mit Absicht in das Alpenmassiv gesteuert zu haben. Daten des zweiten Flugschreibers zeigen, dass Andreas Lubitz die Maschine beim eingeleiteten Sinkflug sogar beschleunigte, wie die französische Untersuchungsbehörde Bea am Freitag mitteilte. Die Düsseldorfer Ermittler teilten bereits am Donnerstag mit, der 27-Jährige habe sich kurz vor dem Todesflug mit seinem Computer über „Umsetzungsmöglichkeiten einer Selbsttötung“ sowie Sicherheitsvorkehrungen bei Cockpittüren informiert.
Fachleute der Luftfahrtbranche wollen nach Ostern beraten, ob die Technik der Cockpittür geändert werden soll. Auch die Einführung einer Ausweispflicht an Flughäfen wird debattiert, weil die Passagierlisten nicht genau genug sind.
Der Autopilot sei von dem Anwesenden im Cockpit so eingestellt worden, dass die Maschine auf 100 Fuß – umgerechnet etwa 30 Meter – hinuntergeht, wie die Behörde Bea weiter mitteilte. Schon seit die erste Blackbox ausgewertet ist, wurde Co-Pilot Lubitz verdächtigt, den Piloten aus dem Cockpit ausgesperrt zu haben.
Das Flugzeug stürzte am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen ab, 150 Menschen starben.
Der zweite Flugschreiber war am Donnerstag an der Unglücksstelle in Südfrankreich gefunden worden – von Geröll verschüttet. Der Rekorder zeichnet Kurs, Geschwindigkeit, Flughöhe oder Neigungswinkel auf. Die erste Blackbox – den Sprachrekorder – des Flugs 4U9525 hatten die Bergungskräfte bereits am Unglückstag gefunden.
Schon kurz nach dem Absturz wurde bekannt, dass Lubitz die Ausbildung in der Verkehrsfliegerschule der Lufthansa in Bremen mehrere Monate unterbrach. Lufthansa hatte mitgeteilt, der Co-Pilot habe die Schule 2009 in einer E-Mail über eine „abgeklungene schwere depressive Episode“ informiert. Er wurde danach aber als flugtauglich eingeschätzt. Nach Erkenntnissen der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft war Lubitz am Tag der Katastrophe krankgeschrieben, die zerrissene Krankschreibung wurde bei ihm zu Hause gefunden.
Bei der Identifizierung der Opfer werden nach Angaben der französischen Ermittler die gefundenen DNA-Profile mit Proben von Angehörigen abgeglichen. Die Arbeit soll nach Ostern losgehen. Angehörige will man bei Übereinstimmungen rasch informieren. Sprecher von Lufthansa und der Tochter Germanwings sagten am Freitag, man unterstütze die ermittelnden Behörden bei allen Untersuchungen.
Experten der deutschen Luftfahrtbranche wollen über Lehren aus dem Absturz beraten. Eine Arbeitsgruppe soll nach Ostern starten, wie Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Klaus-Peter Siegloch, sagten. Die Gruppe soll auch über mögliche Veränderungen der Regeln zur festen Verriegelung der Cockpittüren beraten. Geprüft werden sollen auch weitere medizinische und psychologische Checks, mit denen die Flugtauglichkeit von Piloten festgestellt wird.
Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) schlug die Einführung einer Ausweispflicht an Flughäfen vor. Die Airlines sollten auch bei Flügen im Schengen-Raum die Identität ihrer Passagiere überprüfen, sagte der Minister. Sonst bleibe unter Umständen unklar, wer tatsächlich im Flugzeug sitze. Dabei gehe es nicht um die Wiedereinführung von Grenzkontrollen in der Europäischen Union, betonte er. Der Vorschlag müsse nun mit den EU-Partnern besprochen werden.
Der Flughafenverband ADV reagierte skeptisch auf den Vorschlag verschärfter Ausweiskontrollen: „Hier muss europaweit der sicherheitsrelevante Mehrwert hinterfragt werden. Insbesondere sind Verzögerungen bei den Bodenprozessen zu befürchten.“ Bislang müssen Passagiere bei Flügen innerhalb des Schengen-Raumes nicht immer einen Ausweis vorzeigen.
-> Auf der Seite „Das Thema“ erklären wir, warum wir entgegen unserer bisherigen Praxis den Namen des Co-Piloten nun nennen: Seite 8