Von unserem Mitarbeiter Tobias Schauermann
Lange hatte man dem Apple-Boss Tom Cook vorgehalten, nicht aus dem Schatten der Lichtgestalt Steve Jobs treten zu können, der das Unternehmen mitgegründet und mit seinem Charisma bis an die Weltspitze geführt hatte.
Dann kam die Auseinandersetzung mit den US-Behörden um die Entschlüsselung eines iPhones eines vielfachen Mörders. Dieser spektakuläre Streit ist zu Ende. Ergebnis: Apple muss das iPhone des Attentäters von San Bernardino doch nicht entsperren, weil die US-Behörden auch ohne Hilfe des Konzerns auf die Daten zugreifen konnten.
Damit kommt Cook mit einem blauen Auge davon. Er musste die eigenen Sicherheitsvorkehrungen nicht aushebeln und konnte sich als Kämpfer für den Datenschutz und die Sicherheitsinteressen seiner Kunden profilieren. Andererseits ist es auch Fakt, dass das iPhone eben doch geknackt werden konnte.
Die US-Behörden hatten bereits letzte Woche mitgeteilt, dass ihnen ein Weg dazu vorgeschlagen worden sei. Wer der Helfer ist und wie die Methode funktioniert, wurde bisher nicht bekannt. Theoretisch könnte es auch sein, dass die Ermittler einen Hinweis auf das Passwort bekamen.
Älteres Modell
Die Mitteilung legte allerdings nahe, dass es um eine technische Lösung geht. Der San-Bernardino-Attentäter besaß das ältere iPhone-Modell 5c, das noch nicht über den zusätzlichen Hardware-Verschlüsselungsschutz der aktuellen Modelle verfügt, der einen Hack drastisch erschwert und vielleicht sogar unmöglich gemacht hätte.
Die Spekulationen von Experten gingen von einer Schwachstelle in Apples Software bis hin zu einem komplexen Verfahren, bei dem das Telefon geöffnet und der Speicherinhalt auf einen anderen Datenträger kopiert wird. Laut einem unbestätigten Bericht der Zeitung „Yedioth Ahronoth“ kam die Hilfe von der israelischen Firma Cellebrite. Das Unternehmen ist darauf spezialisiert, Daten aus mobilen Geräten herauszuholen. Die Regierungsseite schlug jetzt vor, die Verfügung einer Richterin aufzuheben, die Apple Mitte Februar anwies, dem FBI beim Entsperren eines iPhones 5c zu helfen, das von dem Attentäter von San Bernardino genutzt worden war. Der hatte seine Frau und 14 Menschen getötet.
Apple-Chef wehrte sich
Die Behörden hatten in den vergangenen Wochen immer wieder betont, dass sie nicht ohne Hilfe von Apple an die Daten auf dem Telefon herankommen könnten. Sie wollten, dass Apple die Funktion aushebelt, die den Speicherinhalt eines Telefons löscht, wenn zehnmal ein falsches Passwort eingegeben wird.
Apple-Chef Cook wehrte sich vehement dagegen und argumentierte, dass ein solches Programm quasi ein Regierungs-Betriebssystem darstelle und dadurch die Datensicherheit für alle Nutzer geschwächt würde. Der Konzern störte sich zudem daran, dass die Regierung als rechtliche Grundlage für ihre Forderungen den „All Writs Act“ von 1789 vorbrachte – ein Gesetz, das Richter grundsätzlich bevollmächtigt, nötige Maßnahmen zu verfügen. Apple warnte, mit einem solchen Präzedenzfall könne die Tür für eine weitreichende Überwachung elektronischer Geräte geöffnet werden. Das Justizministerium entgegnete, es gehe nur um dieses eine iPhone.
Apple erklärte nun, da sich die Wogen geglättet haben, man werde die Behörden wie bisher bei Ermittlungen unterstützen und zugleich die Sicherheit der Geräte und Dienste verbessern. Sollten die Ermittler dank einer Sicherheitslücke in Apples Software an die Daten im iPhone gekommen sein, müssten sie die dabei verwendete Methode unter Umständen dem Konzern offenlegen. Dann können die Sicherheitsexperten von Tim Cook sich der Sache annehmen – und der Chef wieder etwas ruhiger schlafen. Mit Informationen von dpa