Als der FDP-Bundestagsabgeordnete Hellmut Königshaus vor fünf Jahren, im Mai 2010, sein Amt als Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestags antrat, kamen bei den Marinehubschraubern vom Typ „Sea King“ auf eine Flugstunde 50 Technikstunden. Mittlerweile sind es 122 Stunden, in denen die Maschinen am Boden stehen, weil sie gewartet und repariert werden müssen, ohne dass sich die Personalausstattung verbessert hätte.
Immerhin, sie fliegen noch, anders als die Hubschrauber vom Typ „Sea Lynx“. Seit Juni ist die gesamte Flotte wegen Rissen im Heck für die militärische Nutzung gesperrt. Dabei bräuchte die Marine die Hubschrauber dringend, da sie im Rahmen der europäischen Anti-Piraterie-Mission „Atalanta“ am Horn von Afrika eingesetzt werden. „Ohne Bordhubschrauber sind die vom Deutschen Bundestag in seinem Mandat beschlossenen Fähigkeiten nicht oder nur stark eingeschränkt gewährleistet“, schreibt der Wehrbeauftragte in seinem Jahresbericht, den er am Dienstag in Berlin der Öffentlichkeit vorstellte. Zudem bereite es Sorge, dass Besatzungsangehörige im Falle eines medizinischen Notfalls nicht mehr per Hubschrauber ausgeflogen werden können.
Alterungsbedingte Ausfälle
Kein Einzelfall, so Königshaus, der im Mai aus dem Amt scheidet. In drastischen Worten beschrieb er in seinem letzten Jahresbericht die Bundeswehr als einen Sanierungsfall und warnte angesichts der mangelhaften materiellen und personellen Ausstattung vor einer „Abwärtsspirale“, wenn nicht schnell gegengesteuert werde. So fielen beim Luftwaffengeschwader 51 „Immelmann“ in Jagel rund 40 Prozent der geplanten Flüge des Kampfjets „Tornado“ aus. Beim Nachtsichtgerät „Lucie“ gebe es gar Ausfallquoten von mehr als 70 Prozent. Und eine Übung mit Nato-Partnern musste abgesagt werden, weil ein Hubschrauber vom Typ CH-53 nicht bereitgestellt werden konnte.
2014 sei für die Armee ein „Jahr der Wahrheit“ gewesen. „Die alterungsbedingten Ausfälle bei Bewaffnung und Material sowie der Sanierungsstau bei der baulichen Infrastruktur wurden für eine breite Öffentlichkeit sichtbar.“ Dies alles beeinträchtige die Einsatzfähigkeit der Armee, führe zu erheblichen Mehrbelastungen des Personals und verringere die Aussichten auf eine baldige Umsetzung der von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) geplanten Attraktivitätssteigerung.
Die Mängel bei den militärischen Großgeräten wie dem „Eurofighter“, dem Transporthubschrauber „NH 90“, dem Transportflugzeug „Transall“ oder den Minenjagdbooten der Marine seien gravierend, zudem trete der marode Zustand der Kasernen immer deutlicher zutage, so habe er „Rost- und Schimmelbefall, Kloakengeruch und im Winter defekte Heizkörper“ vorgefunden, in manchen Kasernen sei noch das „Olympia-Mobiliar von 1972“ anzutreffen.
Königshaus forderte eine deutliche Erhöhung des Wehretats, um den Rückstand bei den Investitionen aufzuholen, nötig sei ein zusätzlicher dreistelliger Millionenbetrag. „Die derzeit im Haushalt eingestellten Mittel für den Erhalt und Neubau von Infrastruktur scheinen bestenfalls ausreichend, die Dynamik des Verfalls aufzuhalten.“
Psychische Belastungen
Mit „wachsender Sorge“ betrachte er die Zahl der Selbstmorde in der Truppe. Im Jahr 2014 gab es 24 Suizide und 43 Suizidversuche von Soldaten. Auch wenn die Gründe dafür meist im privaten Bereich der Verstorbenen lägen, „sind Einsatzzeiten, ein heimatferner Dienstort und damit verbundenes Pendeln dienstliche Belastungen, die das Privatleben von Soldaten prägen“.
So verwies Königshaus darauf, dass einsatzbedingte psychische Belastungen zunähmen, vermehrt bei Teilnehmern länger zurückliegender Einsätze. Die Bundeswehr müsse sich auf „eine Erhöhung der Behandlungsfälle“ einstellen und die Behandlungskapazitäten entsprechend ausweiten.
Insgesamt gingen beim Wehrbeauftragten im letzten Jahr 4645 Eingaben und Beschwerden ein. Wichtiges Thema sei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Königshaus würdigte dabei ausdrücklich das Engagement von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die diesem Thema hohe Priorität einräume. Gleichwohl bleibe der von ihr eingebrachte Gesetzentwurf sogar hinter den Vereinbarungen des Koalitionsvertrags zurück.