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LONDON: Das Monster in der Kanalisation

LONDON

Das Monster in der Kanalisation

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    Dieses vom Wasserversorgungsunternehmen Thames Water herausgegebene Foto zeigt einen Teil des riesigen Fettbergs, der einen Abwasserkanal in London verstopft.
    Dieses vom Wasserversorgungsunternehmen Thames Water herausgegebene Foto zeigt einen Teil des riesigen Fettbergs, der einen Abwasserkanal in London verstopft. Foto: Foto: Thames Water/AP, dpa

    Sie finden da unten eigentlich immer Monster. Jene Reporter, die gerne für Sommerloch-Geschichten in den Londoner Untergrund hinabsteigen, wo sich so was wie eine Kellerstadt unter der Neun-Millionen-Einwohner-Metropole auftut. Etliche U-Bahn-Tunnel, historische Schächte aus dem Viktorianischen Zeitalter und natürlich eine Kanalisation von unbeschreiblichem Ausmaß gibt es da zu sehen und zu riechen, zudem Kolonien von Ratten, einige erinnern an Biber, andere sind größer als Katzen, wie Horrorfotos in der Regenbogenpresse belegen. Sommerloch eben.

    Die Monsterratten schaffen es jährlich mindestens einmal in die Zeitung. Nun aber haben die Herren von Thames Water, dem für die Wasserversorgung zuständigen Unternehmen, es plötzlich mit einem ganz anderen Monster zu tun. Es fiepst nicht. Es stinkt. Ungeheuerlich. Und so haben die Ingenieure diesem Giganten kurzerhand den „Krieg“ erklärt. Es handelt sich um einen riesigen Berg aus vornehmlich hartem Kochfett, Öl, Windeln, Kondomen und Wischtüchern, der einen Abwasserkanal im Londoner Stadtteil Whitechapel verstopft.

    US-Präsident als Namenspate?

    Acht Arbeiter werden voraussichtlich drei Wochen lang damit beschäftigt sein, dieses massive Ding mit Hochdruckgeräten aufzulösen und dann mit Hilfe von Schläuchen in Tanker abzusaugen, um den Müll im Anschluss sachgemäß entsorgen zu können. Im Prinzip sei es, als versuche man, Beton aufzubrechen, meinte der Experte von Thames Water. Er klang fast aufgeregt, so was kommt nicht alle Tage vor.

    Das „totale Monster“ misst unglaubliche 230 Meter und wiegt 130 Tonnen. In üblicher Manier zogen die Medien sofort den Vergleich zur überirdischen Welt: Hier sind elf der berühmten roten Doppeldeckerbusse so schwer wie der Pfropfen einige Meter tiefer und die Länge entspricht mehr als zwei Fußballfeldern. Das ist ohne Zweifel viel unappetitliches Zeug.

    Weil die Briten mit ihrem wunderbar schwarzen Humor gerne ihre speziellen Auswüchse taufen, rief die Wasserbehörde dann auch alle sogenannten „FatbergFans“ via Twitter dazu auf, einen – bitte „familienfreundlichen“ – Namen zu finden. Es kamen Vorschläge heraus wie „Fat the Ripper“ in Anlehnung an Jack the Ripper, der sein Unwesen in Whitechapel trieb.

    Etliche Nutzer fühlten sich beim Anblick des widerlichen Brockens an den aktuellen US-Präsidenten erinnert und meinten, man solle ihn doch einfach „Donald“ oder „Trump“ nennen. Das sei passend. Eine endgültige Entscheidung steht noch aus.

    Museum zeigt Interesse

    Das Interesse aber ist groß, immerhin handelt es sich selbst für Londoner Verhältnisse um einen Superlativ. Und so meldete sich das Museum of London dieser Tage und bat um ein Stück des monströsen Klumpens. Damit, so die Erklärung, könne man die Herausforderungen aufzeigen, denen Weltstädte mit wachsender Bevölkerung gegenüberstehen. „Dieses Stück trifft es ins Schwarze und zeigt, dass wir eine ziemlich alte Infrastruktur haben.“ Die Kanalisation in der britischen Hauptstadt stammt aus der Zeit Mitte des 19. Jahrhunderts. Wovon viele Londoner im Übrigen ein Klagelied singen können.

    Die Nachricht veranlasste die BBC zu einem Bericht, in dem ein Herr von Thames Water unter anderem beschrieb, wie so ein Klumpen denn riecht – nicht, dass sich das ohnehin schon jeder mit aufsteigendem Ekel vorstellen könnte: „Ein Fettberg stinkt wie eine Mischung aus verdorbenem Fleisch und übel riechendem Klo.“ Er bemühte sich merklich und mit großer Seriosität um Anschaulichkeit. Ein Erklärvideo wurde ebenfalls mitgeliefert. Was darf in die Toilette? Was passiert nach dem Herunterspülen? Ein bisschen erinnerte das Ganze an Sicherheitserläuterungen vor dem Abflug im Flieger oder die Sendung mit der Maus. Womit wir wieder bei den Nagetieren wären.

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