Bürgermeister Kari Poletti, der Gemeindepräsident wie es in der Schweiz heißt, ist im schmuck renovierten Gemeindehaus sichtlich zufrieden. „Es läuft alles nach Plan“, sagt er siegesgewiss. Die breite Zustimmung unter den über 1260 Einwohnern Andermatts und den 220 der angrenzenden Ortschaft Hospental ist so gut wie sicher. Sascha Gisler von der Autowerkstatt Aurora hat keine Zweifel: „Wer soll denn dagegen sein? Das Gewerbe ist eh dafür.“ Und Modehausbesitzerin Marie-Louise Gähwiler schwärmt: „Hier wird sich vieles verändern – aber es wird gut für uns alle sein.“
Selbst die örtlichen Umwelt- und Heimatschützer akzeptieren die Pläne. Pro Natura, WWF, Mountain Wilderness, der Heimatschutz und die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz haben von Einsprüchen abgesehen. So viel Zustimmung macht stutzig. Was ist nun das „Wunder von Andermatt“?
Wer es erkunden will, muss mit dem wohl größten Fan des ägyptischen Wohltäters reden, mit Alex Renner, dem Besitzer des – wie er sagt – ersten Hauses am Platze, dem Hotel „3 Könige & Post“. Wenn Sawiris in Andermatt ist, dann steigt er bei Renner ab. Und der kennt ihn nun wirklich, wie er sagt.
Der fast 50-jährige Sawiri sei alles andere als ein Märchenprinz. Er habe zwar ein sehr einnehmendes Wesen, sei aber auch ein knallharter Geschäftsmann, sagt Renner. Und deshalb sei Sawiris Idee für Andermatt ein Segen, die sich nicht zum Fluch entwickeln werde. „Der Mann weiß, was er tut – und das macht er richtig“, sagt Renner.
Wenn man durch das rund 1500 Meter hoch gelegene Bergdorf geht, ahnt man, dass hier mal Armut geherrscht hat, auch wenn diese Zeichen nur versteckt zu erkennen sind. Diese Armut wäre so zwar wohl nicht zurückgekehrt – aber ohne Sawiris Pläne drohte doch ziemliches Ungemach, sind sich die Gesprächspartner sicher. „Das schöne Dorf hätte etwas mehr Leben verdient“, sagt der Luxus gewöhnte Ägypter dazu.
Jetzt werden zwar noch im Winter die Pisten- und Tiefschneefahrer und im Sommer die Bergwanderer und vor allem Motorradfahrer angelockt. Doch die Zukunft sieht etwas grauer aus, die Einkünfte schrumpfen – der Tourismus wandelt sich.
Mit der Eröffnung des Gotthard-Eisenbahntunnels 1882 und vor allem des Autobahntunnels 1980 kamen immer weniger Reisende nach Andermatt. Und nun ist auch das Militär fast weg, das sich am strategisch wichtigen Sankt-Gotthard-Pass, dem Tor nach Italien, überall ausgebreitet und vielen Andermattern Arbeit geboten hatte. Und damit schlug die Stunde des ägyptischen Milliardärs, der in Berlin studiert hat. Als er vom ehemaligen Schweizer Botschafter in Kairo, Raimund Kunz, eingeladen, mit dem Hubschrauber über Andermatt flog, war der Ägypter begeistert.
Das ist nun der Platz für eine fast ganzjährig belebte Ferienanlage – „ohne kalte Betten“ – im großen Stil, wie es sie schon anderswo, etwa in El Gouna am Roten Meer gibt. Gebaut werden soll in dem von Osten nach Westen gerichteten Hochtal, in dem Andermatt liegt und was eine Seltenheit in den Alpen ist. Normalerweise liegen die Täler von Norden nach Süden und man sieht nie, wenn die Sonne untergeht.
„Ob Schnee oder Sand – das macht keinen großen Unterschied,“ so Sawiris saloppe Einschätzung. Und er kann sich weitgehend ins gemachte Bett legen, denn das Armeegelände muss ja nicht mehr erschlossen werden. Dann sollen ab Frühjahr 2008 außer Hotels mit 800 Zimmern noch 100 Villen oder Chalets und 600 Wohnungen, die Sawiri durch eine umstrittene Sonderreglung der Regierung in Bern auch an Ausländer verkaufen darf, aber auch ein Einkaufszentrum und ein Golfplatz gebaut werden.
Auch Renner müsste in sein Hotel einige Millionen investieren, um mit den neuen Ansprüchen mithalten zu können. Und wenn Sawiri loslegt, dann dürfte der heute 55-Jährige wohl auch mitmachen. Die derzeit 1300 Gästebetten in Andermatt sind ja nichts. Auch wenn Sawiris 3000 dazukommen, könnte Andermatt immer noch nicht mit St. Moritz (über 5000) oder Zermatt (6500 Betten) mithalten.
„Ob Andermatt mal so berühmt wird, weiß ich nicht“, sinniert Renner. „Aber ich weiß, dass es zu Sawiris Plänen keine Alternative gibt. So ein Glück hat man nur einmal im Leben – wir werden es hier in Andermatt festhalten.“