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BERLIN: Datenklau im Ministerium

BERLIN

Datenklau im Ministerium

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    Datenklau im Ministerium
    Datenklau im Ministerium Foto: Foto: dpa

    Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) und seine engsten Mitarbeiter in der Leitungsebene waren immer wieder überrascht. Die Interessenvertreter der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) waren erstaunlich gut über interne Pläne des Hauses informiert. Ja, die Lobbyisten der 59 000 niedergelassenen Pharmazeuten hatten sogar Kenntnis über Gesetzentwürfe, die gerade erst von Referenten auf der Fachebene erstellt wurden und noch nicht einmal dem Minister oder seinen Staatssekretären vorlagen und riefen bereits Kampagnen gegen angebliche Regierungspläne ins Leben, die noch gar nicht beschlossen worden waren.

    Der Verdacht, dass es im Ministerium einen „Maulwurf“ gebe, der den Apothekerverband möglicherweise gegen Bares frühzeitig mit brisanten Informationen beliefere, lag nahe. Doch er bestätigte sich nicht, nachdem das Ministerium hausintern recherchiert hatte.

    Was allerdings nach einem Hinweis durch einen anonymen Informanten ans Tageslicht kam, übertraf die schlimmsten Befürchtungen von Daniel Bahr und seinen Mitstreitern. Der Minister wie sein Vorgänger im Amte, Philipp Rösler (ebenfalls FDP), wurden seit dem Jahr 2010 von einem freiberuflich tätigen Interessenvertreter, der zuvor in Diensten der Apothekerschaft gestanden hatte, systematisch ausspioniert.

    Dies geschah nach Angaben der Berliner Staatsanwaltschaft mit Hilfe eines Computerspezialisten eines Unternehmens, das für die EDV-Infrastruktur des Gesundheitsministeriums zuständig ist. Dieser Mitarbeiter beschaffte sich nach Erkenntnissen der Strafverfolgungsbehörden nicht nur Referentenentwürfe und andere sensible Informationen, sondern zapfte auch den E-Mail-Verkehr an, konnte also mitlesen, was die Minister Rösler und Bahr, die Staatssekretäre und ihre engsten Mitarbeiter zu besprechen hatten. Für Geld verkaufte der IT-Spezialist diese Daten an den Lobbyisten vom Apothekerverband weiter.

    Nachdem das Ministerium Strafanzeige gestellt hatte, schlug die Polizei Ende November zu. Sie durchsuchte das Büro und die Wohnung des Lobbyisten, ebenso die Wohnung und die Firma des verdächtigen EDV-Spezialisten und beschlagnahmte diverse Computer, Laptops, USB-Sticks, DVDs und CD-Roms.

    Gesundheitsminister Bahr zeigte sich entsetzt. Er sei „stinksauer über solche kriminelle Energie“, sagte er am Mittwoch. „Ich kann als Bundesgesundheitsminister nicht akzeptieren, wenn hier Versuche unternommen werden, interne Informationen, die für den Gesetzgeber wichtig sind, auf kriminelle Art und Weise zu erlangen.“ Ausdrücklich wies Bahr darauf hin, dass ihn die Aktivitäten der Apotheker-Lobby in seiner Arbeit „nicht beeindruckt“ hätten.

    Der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Friedemann Schmidt, zeigte sich „entsetzt“ über die Machenschaften des Lobbyisten und distanzierte sich von den angewandten Methoden. Es handle sich um einen Einzeltäter ohne Bezug zum Verband. Eine erste Überprüfung habe zudem ergeben, dass kein Geld der ABDA für die Daten geflossen sei. In einer schriftlichen Erklärung hatte der Verband die Machenschaften des Täters scharf kritisiert. Man sehe mit Sorge, „dass ein ganzer Berufsstand unter Generalverdacht gerät“.

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