Dass aus einem verzagten Arsch kein fröhlicher Furz kommt, wusste schon Reformator Martin Luther. Bei der SPD von heute bestätigt sich das. Wie soll aus einer verängstigten, verstörten und traumatisierten Partei eine optimistische, zukunftsgewandte Programmatik kommen?
Mit einem deutlichen Linksruck und der klaren Abkehr von den Sozialreformen des letzten SPD-Kanzlers Gerhard Schröder wollen die Genossen die Gunst der Wähler zurückgewinnen, die sich in Scharen abgewandt haben. Mehr Mindestlohn, mehr Rente für Geringverdiener, mehr Geld für Kinder aus armen Familien, dafür weniger Druck auf Arbeitslose, die es bei der Jobsuche an Initiative fehlen lassen. Fehlen lassen es auch die Sozialdemokraten – am Nachweis der Finanzierbarkeit all der Wohltaten. Ausgerechnet jetzt, wo SPD-Finanzminister Olaf Scholz ein 25-Milliarden-Euro-Haushaltsloch erklären muss.
Angst ist auch in der Politik ein schlechter Ratgeber
Die Panik vor dem endgültigen Absturz in die Bedeutungslosigkeit ist verständlich angesichts unterirdischer Umfragewerte. Schließlich steht die Europawahl vor der Tür, und auch beim Blick auf die vier Landtagswahlen in diesem Jahr muss den Genossen bange sein. Doch Angst ist ein schlechter Ratgeber.
Das Reformpapier, über das die SPD-Spitze diskutiert, atmet den Geist der Verzagtheit. Ganz offensichtlich soll es Menschen ansprechen, die der Überzeugung sind, dass die Zukunft schrecklich wird, dass Digitalisierung und Globalisierung unsere Arbeitsplätze hinwegfegen werden, allenfalls Billigjobs zurücklässt. Ihnen verspricht die Sozialdemokratie: Wählt uns, und Euer unausweichlicher Absturz wird wenigstens gut abgefedert.
Es wäre indes ein großer Fehler, würde die SPD von ihrer eigenen Verfasstheit auf die Stimmung der großen Mehrheit der Bundesbürger schließen. So viele Menschen wie nie stehen in Lohn und Brot, allenthalben wird über Fachkräftemangel diskutiert. Digitalisierung und Globalisierung werden die Arbeit zwar grundlegend wandeln, ausgehen wird sie uns aber noch lange nicht. Und ausgerechnet jetzt legt die SPD den Schwerpunkt darauf, Nicht-Arbeit möglichst erträglich zu machen? Es muss doch darum gehen, möglichst viele Menschen in möglichst einträgliche Arbeit zu bringen!
Statt Umverteilung wäre Entlastung das Gebot der Stunde
Die SPD ist traditionell die Partei derer, die arbeiten, die Leistung bringen. Wer arbeitet, soll mehr Geld zum Leben zur Verfügung haben, als jene, die ausschließlich von Transferleistungen leben. Schröders Hartz-IV-Reformen haben das Prinzip etabliert, dass es besser ist, dass Menschen auch weniger attraktive Jobs annehmen, als dauerhaft auf staatliche Zuwendung angewiesen zu sein. Das bringt Härten mit sich. Es ist deshalb ja gar nicht falsch, darüber zu diskutieren, wo die Hartz-IV-Reformen ihrerseits Reformbedarf aufweisen.
Nun verlangt die SPD zwar nicht das bedingungslose Grundeinkommen, von dem viele im linken Lager träumen, sie beweget sich aber in diese Richtung. Wenn etwa Sanktionen abgebaut werden sollen, droht das bewährte Prinzip des Förderns und Forderns aufgeweicht zu werden.
Im Spannungsfeld zwischen Fachkräftemangel und Zuwanderung, Digitalisierung und Globalisierung wünschen sich die allermeisten Bürger mitnichten noch mehr Umverteilung. Sondern endlich einmal eine fühlbare Entlastung ihrer Einkommen von Steuern und Abgaben. Mit einer pessimistischen Politik, die auf die Angst vor schlechten Zeiten setzt und eigene Erfolge kleinredet, wird es die SPD schwer haben, zurück in die Erfolgsspur zu finden.