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Der Problem-Peer

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Der Problem-Peer

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    SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück
    SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück Foto: Foto: dpa

    Beim traditionellen „Politiker-Derbleck'n“ auf dem Münchner Nockherberg am Mittwochabend, wo es zum Vergnügen des Publikums immer etwas derber und krachlederner zugeht, hatte auch Peer Steinbrück seinen großen Auftritt im „Singspiel“: Als geldgieriger Dauerredner, der statt einer Hand allerdings eine knallrote Geldbörse hat und nur dann weiterredet, wenn ihm seine Zuhörer genügend Geldscheine ins Portemonnaie gelegt haben. Und auf die Frage, was er, der Herausforderer von Angela Merkel, denn alleine im tiefsten Bayerischen Wald suche, erklärte er: Seine Berater hätten ihm dies empfohlen, um seine Popularität zu steigern. „Am beliebtesten bin ich beim Wähler, wenn er mich nicht hört oder sieht.“

    Auf die neuesten, druckfrischen Schlagzeilen konnten die Macher des „Singspiels“ bei der Starkbierprobe auf dem Nockherberg allerdings nicht mehr reagieren. Bei einem Wahlkampfauftritt in Potsdam unter dem Motto „Klartext“ am Abend zuvor hatte Steinbrück Klartext gesprochen und sich auch zum Wahlausgang in Italien geäußert. Er sei „zu einem gewissen Grad entsetzt“, dass „zwei Clowns“ gewonnen hätten, sagte er unter dem Beifall des Publikums. Den einen, Beppo Grillo, nannte er beim Namen, den anderen nicht, aber jeder wusste, wen er gemeint hatte – Silvio Berlusconi, den langjährigen früheren Ministerpräsidenten. Mit den wenigen, flapsig dahingesprochenen Worten löste er einen diplomatischen Eklat aus: Der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano sagte kurzfristig ein für Mittwochabend geplantes Abendessen mit Steinbrück im Hotel „Adlon“ ab.

    Auch am Donnerstag wollte die Debatte über die Äußerungen des Merkel-Herausforderers kein Ende nehmen. Denn nun sprach der italienische Staatspräsident Napolitano öffentlich Klartext. „Es liegt auf der Hand, dass das nicht in Ordnung ist“, sagte der 87-Jährige nach einem Gespräch mit dem deutschen Staatsoberhaupt Joachim Gauck in Schloss Bellevue ohne jede diplomatische Zurückhaltung. Jeder könne denken, was er wolle. Doch wenn es um das Ergebnis einer freien Wahl in einem befreundeten Land gehe, „muss man wirklich sehr ausgewogen sein bei der eigenen Wortwahl“. Und man müsse sich „wirklich an eine Regel der Mäßigung halten“. Gauck selber wollte dazu nicht Stellung nehmen.

    Andere dagegen wurden deutlicher. Der stellvertretende FDP-Fraktionschef Volker Wissing sagte über Steinbrück: „Er mutiert zunehmend zu einem deutschen Peerlusconi.“ Was der Kanzlerkandidat mit „Klartext“ umschreibe, sei in Wahrheit „Stammtisch der untersten Kategorie“. Er belaste damit die deutsche Außenpolitik. „In die Schweiz schickt er die Kavallerie, nach Zypern die Piraten, italienische Politiker sind für ihn Clowns: Peer Steinbrück hat mehr als deutlich unter Beweis gestellt, dass er ein außenpolitisches Sicherheitsrisiko ist.“ Ähnlich argumentierte auch CDU-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer: „Wer Kanzler werden will, kann sich solche diplomatischen und rhetorischen Fehlleistungen schlichtweg nicht erlauben.“ Steinbrück habe die „Anforderungen einer Kanzlerkandidatur nicht erkannt“.

    Auch in der SPD werden zunehmend die Augen verdreht, wenn das Gespräch auf den eigenen Kanzlerkandidaten komme. Steinbrück lasse „kein Fettnäpfchen aus“ und rede sich „um Kopf und Kragen“, heißt es in der SPD-Fraktion hinter vorgehaltener Hand. Der frühere Finanzminister habe noch nicht verinnerlicht, dass er als Kanzlerkandidat ganz anders wahrgenommen werde wie zuvor als einfacher Abgeordneter – auch wenn ihm Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann demonstrativ den Rücken stärkt: „Man darf doch politische Ergebnisse auch noch politisch kommentieren, wenn man Kanzlerkandidat ist“, um gleichzeitig einzuschränken: „Natürlich wird er als Bundeskanzler in solchen Dingen zurückhaltender sein.“

    Ins Visier geraten zunehmend die Berater von Steinbrück, so sein Sprecher Michael Donnermeyer, sein Medienberater Hans-Roland Fässler und sein früherer Büroleiter Heiko Geue. „Profis dürfen derartige Schnitzer nicht unterlaufen“, heißt es in Parteikreisen. Ihre Aufgabe müsste es sein, Steinbrücks Kampagne zu steuern, Fehltritte zu verhindern und das Negativ-Image abzubauen. Nur, jeder, der Steinbrück kennt, weiß: Das ist leichter gesagt denn getan.

    Regierungsbildung in Italien muss warten

    Nach dem äußerst knappen Wahlausgang in Italien und dem Patt im Parlament müssen die Konsultationen für eine Regierungsbildung noch warten. Staatspräsident Giorgio Napolitano ist in Deutschland und beginnt damit erst später. Unterdessen liefern sich die politischen Spitzen der Bündnisse und der Populisten einen verbalen Schlagabtausch. Ex-Premierminister Silvio Berlusconi brachte dabei erneut eine große Koalition seines Mitte-Rechts-Bündnisses mit den Linken von Pier Luigi Bersani ins Gespräch. „Ohne Regierbarkeit werden wir einen hohen Preis zahlen“, so zitierte die Turiner Zeitung „La Stampa“ am Donnerstag den dreifachen früheren Ministerpräsidenten. Berlusconi rief die politischen Kräfte zu einem „Signal der Stabilität“ für das Land auf. Der bei den Parlamentswahlen erfolgreiche Chef der populistischen Protestbewegung 5 Sterne, Beppe Grillo, hat es mehrfach abgelehnt, sich an einer Regierung gemeinsam mit dem Mitte-Links-Bündnis des Sozialdemokraten Pier Luigi Bersani zu beteiligen. Bersani hatte die Wahlen zwar knapp gewonnen. Im Senat, der zweiten Kammer, hat jedoch keines der Lager eine Mehrheit.

    Grillo geht davon aus, dass Bersani und Berlusconi einen Pakt für die Regierungsbildung schließen werden. Bersani, Chef der größten Linkspartei PD (Demokratische Partei), wartet darauf, von Napolitano nach Konsultationen mit der Regierungsbildung beauftragt zu werden. Heftig hatte Grillo einen Vorstoß der Linken für ein Zusammengehen zurückgewiesen. Seine Bewegung, die auf Anhieb stärkste Partei im Abgeordnetenhaus wurde, werde Bersani nicht das Vertrauen aussprechen. Text: dpa

    ONLINE-TIPP

    Steinbrück bezeichnet italienische Politiker als Clowns. Zu Recht? Eine Umfrage unter www.mainpost.de

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