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Die Giganten der Weltmeere

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Die Giganten der Weltmeere

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    Der Welthandel hängt an großen Kisten aus Stahl. Container transportieren rund 90 Prozent aller Stückgüter, die vom Hersteller zum Kunden gebracht werden müssen – vom China-Spielzeug über Kleidung und Lebensmittel bis zu Auto- und Flugzeugteilen. „Ohne Containerschifffahrt hätte es keine globale Arbeitsteilung gegeben, weil die Transportkosten zu hoch gewesen wären und die Produkte aus China nicht konkurrenzfähig auf fernen Märkten“, sagt ein Sprecher von Hapag-Lloyd in Hamburg. Deutschlands größte Reederei rangiert auf Platz fünf in der Weltrangliste der Container-Carrier.

    Mit dem Welthandel sind die Containerschiffe mitgewachsen. Waren früher Flugzeugträger und Super-Tanker die unangefochtenen Könige auf den Meeren, stehlen ihnen heute andere Giganten die Show. Auf ihnen sind die Container so hoch gestapelt, dass Schornstein und Kommandobrücke nur noch wenige Meter über die Türme aus Transportbehältern hinausragen.

    Erst kürzlich hat Hapag-Lloyd einen dieser Frachtriesen in Dienst gestellt – die „Hamburg Express“. Das Schiff ist mit 366 Metern etwa dreieinhalb Mal so lang wie ein Fußballfeld. Seine Ladekapazität wird mit 13 200 TEU angegeben. TEU steht für Twenty-foot Equivalent Unit, womit 20-Fuß-Container gemeint sind. Billiger ist es aber, längere 40-Fuß-Container einzusetzen. Von denen packt die „Hamburg Express“ rund 6000 Stück. Besser lässt sich das sprunghafte Wachstum dieser Schiffe nicht verdeutlichen. „Noch vor wenigen Jahren wurde darüber diskutiert, ob irgendwann einmal Containerschiffe mit mehr als 10 000 TEU Ladekapazität gebaut werden können“, sagt der Hapag-Sprecher. „Mittlerweile fahren wesentlich größere.“ Die Zuladung der „Hamburg Express“ liegt bei 142 000 Tonnen. Das entspricht 250 Riesen-Airbus A380 – voll beladen und betankt. „Das sind dreimal so viele Flugzeuge wie Airbus von diesem Typ bisher ausgeliefert hat“, heißt es bei Hapag-Lloyd.

    Für weiteres Wachstum sorgt die dänische Reederei Maersk. Sie schickt von 2013 an die größten Containerschiffe über die Weltmeere. Mit 18 000 TEU brechen diese Frachter alle Rekorde. Gebaut werden sie in Südkorea auf der Daewoo-Werft zum Stückpreis von 140 Millionen Euro. Hapag-Lloyd lässt beim Konkurrenten Hyundai Heavy Industries fertigen. „Die Südkoreaner bauen Schiffe von ausgezeichneter Qualität“, lobt der Hapag-Sprecher die Wertarbeit aus Asien. Man arbeitet nicht nur zuverlässig, sondern auch wie am Fließband: Die erste Stahlplatte für die „Hamburg Express“ wurde auf der Werft in Ulsan Ende September 2011 geschnitten, die Kiellegung erfolgte Mitte Januar, der Stapellauf am 6. April, und Anfang Juli wurde das Schiff abgeliefert. Das sind nur neun Monate Bauzeit. Neun weitere Schiffe folgen. Ende September übernimmt die Hapag das nächste. Schlag auf Schlag wird die neue Schiffsriesen-Klasse komplettiert.

    Auf der Werft begleitet Hapag-Ingenieur Norbert Zelck mit einem Experten-Team die gesamte Bauphase. Sie kontrollieren Schweißnähte, den Brandschutz in den hallenartigen Frachträumen und sorgen dafür, dass die Ausrüstung, die aus Deutschland zugeliefert wird, rechtzeitig an Ort und Stelle ist. Dazu gehören neben Aggregaten auch Werkzeug, Bettwäsche für die 24 Besatzungsmitglieder, Kochtöpfe, bis hin zu Bildern für die Wände.

    Der Hauptantrieb des Schiffes ist ein 71 000 PS starker MAN-Diesel, der 1900 Tonnen wiegt. Er kann den Giganten auf 23,6 Knoten (43,7 km/h) beschleunigen. Doch das Tempo wird auf weniger als 20 Knoten gedrosselt. „Slow Steaming“ (langsame Fahrt) nennt sich das Tempolimit der Reeder. „Die Schiffe sparen dadurch bis zu 50 Prozent Brennstoff“, heißt es bei der Hapag, die diesen Kniff 2007 als erste Reederei mit einführte. Zwar brauchen die Schiffe von China bis in die Nordsee-Häfen einige Tage länger. Doch dies wird ausgeglichen durch die von acht auf elf erhöhte Anzahl von Schiffen, die auf einem „Loop“ (einer Schleife) zwischen Ostasien und Europa verkehren. „Das ist wie der 10-Minuten-Takt bei einer U-Bahn“, sagt der Hapag-Sprecher. „Zwischen Hamburg, Rotterdam, Singapur und Schanghai sind die Schiffe wie an einer Perlenschnur unterwegs, die sich langsam dreht.“ In jedem Hafen fahren die Schiffe an einem festen Tag im Wochentakt ab.

    Da muss in den Container-Terminals beim Be- und Entladen eines nahtlos ins andere greifen. „Wie beim Beladen eines Möbelwagens muss gewährleistet sein, dass Container, die zuerst entladen werden, über jenen stehen, die später von Bord müssen“, sagt eine Sprecherin des neuen Jade-Weser-Ports, der speziell für Frachter der jüngsten Generation mit hohem Tiefgang gebaut wurde. Er ist ein Umschlagplatz, an dem Container auf 3000-TEU-Schiffe umgeladen werden, die kleinere Häfen anlaufen können.

    Präzise wird die Ladung unter riesigen Containerbrücken im Bauch des Schiffes gestaut. In vertikalen Führungsschienen gleiten die Behälter im Rumpf nach unten. Auf der „Hamburg Express“ können 19 Stück nebeneinander und 20 bis auf eine Höhe von fast 60 Metern übereinander gestapelt werden. Beliebig verfahren die computergesteuerten Kräne dabei nicht. EDV-Codes sagen ihnen, in welchen Containern Gefahrgut steckt. Diese müssen dann oberhalb des Decks stehen, damit man im Brandfall besser löschen kann.

    Die Maßstäbe für Gefahrgut sind streng: Selbst Parfümflaschen gelten als heikel, „und auch Tischtennisbälle, weil sie ausgasen können“, sagt der Hapag-Sprecher. Und Gefahrgut ist – man staunt – auch Fertigschlagsahne in Spraydosen. Fast ahnt man es: Nur leere Container sind sichere Container.

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