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Die lebende Provokation

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Die lebende Provokation

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    Wladislaw Surkow, ein Mannmit vielen Talenten
    Wladislaw Surkow, ein Mannmit vielen Talenten Foto: Foto: Michael Kappeler, dpa

    Wer noch nicht wusste, was Russlands Staatschef Wladimir Putin von Sanktionen hält, hat dies spätestens bei dessen Berlin-Visite am Donnerstag erfahren: Der Kreml-Boss bringt ausgerechnet einen Berater mit, der eigentlich gar nicht in die EU einreisen darf. Aber die Bundesregierung musste, wenn sie nicht auf Putins Besuch und damit auf mögliche Fortschritte in den Ukraine-Verhandlungen verzichten wollte, notgedrungen eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Und so sitzt die eigentlich unerwünschte Person am runden Tisch zwischen Putin und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier.

    Die lebende Provokation heißt Wladislaw Surkow und ist 52 Jahre alt. Sowohl die USA als auch die EU haben den persönlichen Berater des Präsidenten – zusammen mit anderen Personen aus Putins Umfeld – im März 2014 auf eine schwarze Liste gesetzt. Dies war die direkte Reaktion auf die unter Moskauer Regie veranstaltete Volksabstimmung auf der Krim über einen Anschluss an Russland. Für die Betroffenen heißt das: Ein- und Durchreise sind verboten, Vermögenswerte werden eingefroren. Aber Putin schert sich nicht darum.

    Surkow ist eine schillernde Figur. Der Sohn eines Tschetschenen und einer Russin arbeitet nach einem wirtschaftswissenschaftlichen Studium in den Firmen mehrerer Oligarchen, wechselt dann zum staatlichen Fernsehen und beginnt schließlich eine politische Karriere. Aus dem im Hintergrund wirkenden Strippenzieher wird schließlich der Chefideologe des Kreml: Surkow prägt den Begriff der „souveränen Demokratie“ für das russische Modell eines Staates, der die Zügel in Wirtschaft und Gesellschaft fest in der Hand hält. Seine höchste Position bekleidet Surkow in den Jahren 2011 bis 2013, als er stellvertretender Ministerpräsident ist, zuständig für die wirtschaftliche Modernisierung. Um seine Ablösung ranken sich Spekulationen. Er hat es offenbar gewagt, den Kreml zu kritisieren. Doch bereits ein halbes Jahr nach seiner Entlassung engagiert ihn Putin als persönlichen Berater für (die von Georgien abgespaltenen Landesteile) Abchasien und Südossetien sowie für die Ukraine. Das war im September 2013. Im Februar 2014 beginnen auf der zur Ukraine gehörenden Halbinsel Krim die Aktivitäten von Soldaten, die keine Erkennungszeichen an den Uniformen tragen. Hat Surkow das Drehbuch geschrieben?

    Dass er Fantasie besitzt, hat der in zweiter Ehe verheiratete Vater von drei Kindern schon mehrfach bewiesen. So veröffentlichte er unter dem Pseudonym Natan Dubowizki einen satirischen Roman, der unter dem Titel „Nahe Null“ auf Deutsch erschienen ist. Der Fan des amerikanischen Dichters der Beat-Generation, Allen Ginsberg, spielt auch Gitarre und schreibt Liedtexte für Rockmusiker.

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