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Die vielen Facetten des Mitt Romney

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Die vielen Facetten des Mitt Romney

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    Der Mann mit dem Willen zur Macht: Mitt Romney legte sich für seine Kandidaturen schon verschiedene Profile zu – von liberal bis erzkonservativ.
    Der Mann mit dem Willen zur Macht: Mitt Romney legte sich für seine Kandidaturen schon verschiedene Profile zu – von liberal bis erzkonservativ. Foto: Foto: dpa

    Die bekannteste Geschichte über Mitt Romney stammt aus seinem Urlaub. 1983 fuhr der damalige Investmentbanker mit seiner Frau Ann, fünf Söhnen und dem Irish Setter Seamus zur Erholung nach Kanada, rund 1000 Kilometer. Weil der Chevrolet der jungen Familie voll besetzt war, baute Romney einen Windschutz aufs Dach, befestigte dahinter die Hundebox und ließ Seamus die Fahrt im Freien zurücklegen. Bis heute ist umstritten, ob der Durchfall, den Romneys Kinder die Rückscheibe hinunterfließen sahen, der Angst des Hundes geschuldet war oder einer Magenverstimmung. Der Fahrer jedenfalls zeigte sich pragmatisch: An der nächstgelegenen Tankstelle wurden Hund und Wagen gereinigt, dann ging die Zwölf-Stunden-Tour unverändert weiter.

    Die Geschichte verfolgt Romney bis heute. Sie offenbare einen wertvollen Einblick in sein Wesen, schrieb der „Boston Globe“: „Bei allem, was der Mann tut, funktioniert er logisch, nicht emotional.“ Seine Gegner karikieren Romney als prinzipienlosen Roboter. Auch diejenigen, die Romneys Fähigkeiten als Krisenmanager bewundern, rätseln aber, wovon er getrieben wird. Wegbegleiter und Beobachter sagen: von seinem Vater.

    Willard Mitt Romney wurde 1947 in Detroit als Letztes von vier Kindern des Ehepaares George und Lenore Romney geboren. Vieles an den Umständen, unter denen der jüngste Romney aufwuchs, war märchenhaft. Sein Vater war als Fünfjähriger mit seiner Familie vor der mexikanischen Revolution in die USA geflohen und hatte danach seine Highschool-Liebe Lenore LaFount dazu überredet, für ihn auf eine Hollywood-Karriere zu verzichten. Als sein jüngster Sohn sich an der Eliteuniversität Harvard einschrieb, hatte Romney senior bereits die American Motors Company vor dem Untergang gerettet, war dreimal zum Gouverneur Michigans gewählt worden, hatte als Präsident kandidiert und war als Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung in das Kabinett Nixon berufen worden. „Ich habe ihn vergöttert“, wird der Sohn 2004 in seiner Autobiografie „Turnaround“ schreiben. „Ich fand alles, was er sagte, interessant.“

    Zu den Ratschlägen des Vaters gehörte es, Politik nicht zum Beruf zu machen. „Geh in die Welt der Realwirtschaft“, sagte er. „Wenn du dann eines Tages einen Beitrag leisten kannst, tu es.“ Nach einem Bachelor an der Mormonenuniversität Brigham Young in Utah erwarb Mitt Romney 1975 in Harvard einen neugeschaffenen Doppelabschluss in Rechtswissenschaften und Management. Danach wurde er von Unternehmensberatern umworben und blieb in Boston. Nach einigen Jahren bei der Boston Consulting Group wechselte er zu Bain & Company, dessen Gründer ihm schließlich die Möglichkeit bot, risikofrei ein eigenes Unternehmen zu leiten: Die Ausgründung sollte ihre Kunden teilweise übernehmen, statt lediglich gegen Gebühr zu beraten. Bis Ende des Jahrtausends wuchs Bain Capital zu einer der erfolgreichsten Private-Equite-Firmen. Romneys Vermögen wird auf 250 Millionen Dollar geschätzt.

    Weil er zwischendurch auch noch seine ins Trudeln geratene Mutterfirma vor dem Aus bewahrt hatte, wurde Romney 1999 vom US-Senat mit der Rettung der Olympischen Winterspiele beauftragt, die 2002 in Salt Lake City stattfinden sollten. Organisatorisch und finanziell zeichnete sich dort ein Desaster ab, aber auch diese Mission wurde ein Erfolg.

    An den Qualitäten, die Romneys strahlende Bilanz ermöglicht haben, bestehen wenig Zweifel: Detailversessenheit, skrupulöse Analyse und strategisches Geschick. Seine Kollegen schildern ihn als extrem risikoscheu; es dauerte lang, bis er von einer Investition überzeugt war.

    Bereits 1994 hatte er in einem ersten Anlauf versucht, den prominenten Demokraten Ted Kennedy aus dem US-Senat zu verdrängen. Damals war er unter anderem an einem unklaren Profil gescheitert. 2002 warf Romney seinen Hut als Gouverneur von Massachusetts erneut in den Ring, diesmal stimmte er sein Programm exakt aufs liberale Massachusetts ab: Er unterstützte Wahlfreiheit beim Thema Abtreibung, gleiche Rechte für Homosexuelle, die Reduzierung von Treibhausgasen und strenge Waffengesetze. Er wurde gewählt und führte 2006 in Massachusetts die erste Versicherungspflicht in den USA ein.

    Dann entschloss er sich, zur Präsidentschaftswahl 2008 anzutreten, und da war eine neue Marktanalyse fällig: Die Mitte seiner Partei war schon von Kandidaten wie John McCain besetzt, also probierte Romney es diesmal als Konservativer. Er unterlag. 2012 präsentiert Romney sich endgültig als Abtreibungsgegner und Verfechter der traditionellen Ehe. Er ist gegen CO2-Reduzierungen, gegen Änderungen beim Waffenrecht und gegen die Versicherungspflicht, die Obama nach Romneys eigenem Vorbild bundesweit eingeführt hat. Aber die Basis traut Romneys Gesinnung nicht recht, und die Mitte der Wählerschaft verschreckt sie eher.

    Romney gilt seinen Gegnern als elitärer Snob. Im Vorwahlkampf bot er dem damaligen Mitbewerber Rick Perry vor laufender Kamera eine Wette über 10 000 Dollar an. Ein Gespräch über die Mittelklasse leitete er mit der Feststellung ein: „Ich sorge mich nicht um die ganz Armen.“ Ein authentischerer Kandidat würde vielleicht weniger Vorlagen liefern: „Schaut euch seine Energiepolitik an!“, wetterte er im Frühjahr gegen Obamas Ökopläne. „Man kann kein Auto betreiben, indem man ein Windrad darauf stellt!“ Der Präsident hob sich die kalte Dusche ein bisschen auf: „Keine Ahnung, ob er das tatsächlich ausprobiert hat“, erklärte er vergangene Woche. „Ich weiß, dass er andere Sachen auf seinem Wagen hatte.“

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