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Doping: Der Sport ist überfordert

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Doping: Der Sport ist überfordert

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    Doping: Der Sport ist überfordert
    Doping: Der Sport ist überfordert

    Winfried Bausback ist verwurzelt in Aschaffenburg, im vergangenen Jahr kandidierte der neue bayerische Justizminister gar für den Posten des Oberbürgermeisters. Eine große Affinität hat Bausback auch zum Sport: In seiner Jugend war er Leistungsschwimmer, seine Nichte Cäcilia Bausback wurde in diesem Sommer zweifache bayerische Jugendmeisterin im Kraul. Zum Schwimmen kommt Bausback allerdings kaum noch. In der kurzen Zeit seit seinem Amtsantritt ist er zu einem wichtigen und einflussreichen Fürsprecher für ein Anti-Doping-Gesetz geworden. Im Exklusiv-Interview mit dieser Zeitung sagt er: „Der Sport allein wird der Problematik nicht Herr.“

    Frage: Herr Bausback, neben der Aufarbeitung des „Schwabinger Kunstfundes“ gehört der Kampf gegen Doping zu den zentralen Punkten Ihrer Arbeit in den ersten Amtswochen. Weshalb braucht Deutschland ein Anti-Doping-Gesetz?

    Winfried Bausback: Der Kampf gegen Doping auch mit den Mitteln des Strafrechts ist ein Thema, das Bayern bereits in der Vergangenheit intensiv vorangetrieben hat. Ich halte die grundsätzliche Linie mit dem Ziel einer effektiveren staatlichen Strafverfolgung bei Dopingvergehen für richtig und werde sie fortsetzen, weil ich die Notwendigkeit erkenne. Der Sport besitzt eine große gesellschaftliche Bedeutung. Sportler sind Vorbilder für unsere Kinder und Jugendlichen, es werden Werte vermittelt. Es geht aber auch um Redlichkeit im Wettbewerb und um den Gesundheitsschutz, wenn wir gegen Doping vorgehen. Außerdem – das darf man auch nicht länger ausblenden – steckt hinter Doping immer häufiger schlichtweg organisierte Kriminalität. Es ist richtig, progressiv nach Regeln zu suchen, die Doping effektiver bekämpfen – und dazu gehört nun mal auch das Strafrecht.

    Kritiker könnten einwerfen: Spitzen aus den Bereichen der Kunst, der Wirtschaft oder der Politik pushen sich doch ebenfalls auf.

    Bausback: Wir sollten hier nicht Dinge vermischen und damit Doping relativieren. Im Übrigen: Wenn sich ein Spitzenmanager mit Betäubungsmitteln „aufputscht“, greift das Betäubungsmittelrecht. Außerdem: Ich wiederhole mich, der Sport hat eine immense wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung und eine enorme Vorbildfunktion. Auch die gesundheitlichen Folgen von Doping sind gravierend. Die Maßnahmen, die bislang gegen Doping ergriffen wurden, haben nicht ausgereicht. Der Sport allein wird der Problematik nicht Herr. Deshalb muss es neben der sportlichen auch eine effektivere staatliche Gerichtsbarkeit geben, um dafür zu sorgen, dass der Sport sauberer wird.

    Vor allem der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und sein Ex-Präsident Thomas Bach haben sich immer wieder gegen ein Anti-Doping-Gesetz gewehrt, weil es keine duale Strafverfolgung geben könne. Ich habe das nie verstanden.

    Bausback: Ich auch nicht. Ich habe vergangene Woche ein Gespräch mit dem DOSB-Generaldirektor Michael Vesper geführt. Was positiv ist: Wir sind uns im Ziel einig. Aber gewisse Vorbehalte in Kreisen der Sportverbände, was eine staatliche Gerichtsbarkeit angeht, die existieren. Die Befürchtungen sind allerdings unnötig. Wenn wir uns mit unseren bayerischen Forderungen durchsetzen, wird die Sportgerichtsbarkeit ja nicht ausgehebelt werden. Es gibt dann weiter zwei Systeme, die mit ihren eigenen Regeln nebeneinander bestehen. Was mir wichtig ist: Der bloße Konsum sollte, ähnlich wie es im Betäubungsmittelgesetz bei der Einnahme von Drogen geregelt ist, straffrei bleiben. Aber erst mit der Besitzstrafbarkeit von Dopingmitteln auch in geringer Menge eröffnen wir den handelnden Staatsanwälten bessere Möglichkeiten, im Rahmen der Ermittlungen auch an die Hintermänner zu kommen. Denn diejenigen, die das große Geschäft mit Doping machen, müssen ermittelt werden. Im Spitzensport funktioniert es ja eben so, dass die Athleten immer nur kleine Mengen mit sich führen. Das System ist nach Auskunft der Fachleute sehr gut organisiert. Da brauchen wir Werkzeuge. Auch wenn wir in Bayern beispielsweise eine erfolgreiche Schwerpunktstaatsanwaltschaft in München haben, die aktuelle Rechtslage erschwert ihr die Arbeit erheblich.

    Ein Olympiasieger, der positiv getestet wird, wird seine Medaille verlieren, muss aber keine strafrechtlichen Konsequenzen befürchten, solange keine Dopingmittel bei ihm gefunden werden?

    Bausback: Der bloße Konsum wäre nach unseren Vorstellungen nicht strafbar. Man kann in derartigen Konstellationen allerdings an eine Betrugsstrafbarkeit denken. Da der allgemeine Betrugstatbestand aber deutliche Defizite bei der Anwendung auf Dopingsachverhalte aufweist, fordert Bayern seit Jahren einen speziellen Tatbestand des Sportbetrugs. Vielleicht noch einmal zur Klarstellung: Konsum und Besitz sind zwei unterschiedliche Dinge. Der Besitz geht – auch bei kleinen Mengen – über eine bloße Eigenschädigung insofern hinaus, als ihm immer die Gefahr einer Weitergabe immanent ist.

    Durch den Fund neuer Akten und der Veröffentlichung der Studie „Doping in Deutschland“ wurde die Thematik jüngst intensiv in der Öffentlichkeit diskutiert. Haben Sie das Gefühl, dass dadurch eine Sensibilität in der Politik erreicht wurde?

    Bausback: Ich war ja Mitglied einer Fachgruppe, die in den Koalitionsverhandlungen das Thema Doping debattiert hat. Da habe ich schon den Eindruck gewonnen, dass die aktuellen Vorgänge eine bedeutende Rolle spielen.

    In der Fachgruppe müssen Sie überzeugend aufgetreten sein, schließlich waren Ihre Unionskollegen im Ausschuss, Reinhard Grindel und Eberhard Gienger von der CDU bislang immer gegen ein Anti-Doping-Gesetz. Nun haben sie Ihrer Linie zugestimmt. Wie schwierig war die Überzeugungsarbeit?

    Bausback: Ich habe ja nicht die Position gegen jemanden eingenommen, sondern die Richtung vertreten, die Bayern konsequent entwickelt hat und die ich für richtig halte. Die Beurteilung meiner Arbeit überlasse ich anderen. Noch mal: Im Ziel sind wir alle uns einig. Jedenfalls wird das von allen gesagt. Nur über die Wege wird gestritten. Ich hoffe, dass wir uns mit unserer Ansicht durchsetzen. Es ist jedenfalls positiv, dass sich eine Gruppe von Experten auf eine Linie geeinigt hat. Auch wenn noch nicht endgültig feststeht, was letztlich im Koalitionsvertrag stehen wird.

    Die SPD mit ihrem sportpolitischen Sprecher Martin Gerster unterstützt Sie. Erkennen Sie einen parteiübergreifenden Konsens?

    Bausback: Interessant war, dass aufseiten der SPD mit dem Präsidenten des Leichtathletikverbandes, Clemens Prokop, ein bayerischer Richter in der Fachgruppe dabei war. Insoweit war aus meiner fachlichen Sicht rasch eine gemeinsame Perspektive da (lacht). Ich denke aber, der Wille, etwas zu tun, geht nicht nur über parteipolitische Grenzen hinweg. Auch bei den Sportverbänden ist er zu spüren. Nur stehen einige den staatlichen Instrumenten noch kritisch gegenüber. Mein Ziel ist es, diese Vorbehalte abzubauen, weil ja die Sportgerichtsbarkeit eben nicht beschnitten wird. Sie bekommt nur einen noch effektiveren Partner, und das wird dem Sport nicht nur guttun, sondern er wird hiervon profitieren. Was man dabei auch nicht ganz ausblenden sollte: Ich glaube, dass etwa Entscheidungen wie die gegen Olympia in München, die man respektieren muss, immer auch beeinflusst werden von dem Bild, das der Spitzensport insgesamt abgibt. Unser Weg ist eine Möglichkeit, mit der der Sport im Bereich Doping und letztlich auch insgesamt Vertrauen hinzugewinnen kann.

    Blicken wir in die Zukunft: Wann wird hierzulande ein Anti-Doping-Gesetz verabschiedet?

    Bausback: Ich wünsche mir das so schnell wie möglich, aber es muss auch solide sein. Es gab ja aktuell auch einen Gesetzesvorschlag aus Baden-Württemberg im Bundesrat. Ich habe mich bei der Justizministerkonferenz beim Votum allerdings der Stimme enthalten. Der Vorschlag ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, lässt aber meiner Meinung nach zentrale Punkte außer Acht. Deshalb fordere ich die schnelle Installierung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe, um eine konkrete Gesetzesvorlage auszuarbeiten.

    Winfried Bausback

    Im bayerischen Kabinett von Ministerpräsident Horst Seehofer hat Winfried Bausback (CSU) die steilste Karriere hingelegt: Der 48-Jährige aus Aschaffenburg schaffte den Sprung vom einfachen Abgeordneten auf den Ministerstuhl. Als Nachfolger von Beate Merk verantwortet der Unterfranke das Justizministerium – und kann sich über Arbeit nicht beklagen. Zum einen fordert ihn die Affäre um den „Schwabinger Kunstfund“, zum anderen treibt der promovierte Jurist die Bemühungen für ein Anti-Doping-Gesetz voran. Bausback ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Seit 2008 hat er als Professor den Lehrstuhl für Öffentliches Recht der Uni Wuppertal inne. Die Professur ruht allerdings derzeit. Text: ach

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