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MOSKAU: Eine Bombe für Wladimir Putin?

MOSKAU

Eine Bombe für Wladimir Putin?

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    Opfer und Drahtzieher: Den Anschlag auf Regierungschef Wladimir Putin (links) soll der Terrorist Doku Umarow geplant haben.
    Opfer und Drahtzieher: Den Anschlag auf Regierungschef Wladimir Putin (links) soll der Terrorist Doku Umarow geplant haben. Foto: Fotos: dpa

    Mit einer Mine habe der russische Premier Wladimir Putin nach der Präsidentenwahl an diesem Sonntag in Moskau in die Luft gesprengt werden sollen. So schildert der 31-jährige Adam Osmajew im Staatsfernsehen den angeblichen Attentatsplan. Was in den Frühnachrichten in dem vom Kreml gesteuerten Ersten Kanal wie eine „Sensation“ im Wahlkampf klingt, stößt bei Experten und Kremlkritikern rasch auf Skepsis. Viele fragen, ob Geheimdienstfreunde des früheren KGB-Offiziers Putin diese Information streuen, um seine Zustimmungswerte zu erhöhen.

    Ein Mordkomplott gegen Putin, aufgedeckt in der ukrainischen Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer? In der russischen Hauptstadt reagieren viele nach dem ersten Schreck spontan mit Zweifeln. Warum kommt der Erfolg der russischen und ukrainischen Geheimdienste erst nach drei Wochen ans Licht? Warum berichtet darüber das Staatsfernsehen und nicht der Staatsschutz?

    Und wie kann es einen fertigen TV-Bericht dazu geben, in dem der im Gesicht anscheinend verletzte Verdächtige vor der Kamera von den Plänen erzählt? Was war das Ziel, fragt der Reporter. „Nach Moskau fahren und versuchen, auf den Premier einen Anschlag zu verüben“, antwortet der als Osmajew vorgestellte Mann. Der Sender präsentiert auch Videoaufnahmen von Putins Staatskarosse und Attentatspläne, die auf dem Computer des Verdächtigen gewesen sein sollen. Drahtzieher soll der tschetschenische Terroristenführer Doku Umarow sein.

    Es dauert Stunden, bis der ukrainische Geheimdienst SBU die Festnahme von Terrorverdächtigen bestätigt. Dabei laufen in dem TV-Beitrag maskierte Männer in SBU-Uniform vor der Kamera herum. Die Kremljournalisten drehen frei im Gefängnis. Der Reporter Anton Wernizki präsentiert eine erfolgreiche Geheimdienstmission, die den Anschlag auf Putins Limousine auf dem Kutusowski-Prospekt in Moskau verhindert habe. Die Kamera zeigt einen Zeitzünder und Sprengsatz.

    Die mögliche Gefahr für Putin wird auch für die Zuschauer ganz spürbar. Doch selbst das Machtlager äußert sich zunächst nach der „Sensation“ nicht darüber, ob und wie stark das Leben des wichtigsten Präsidentenkandidaten gefährdet ist. Die Debatte wird zunächst nur von einem Thema bestimmt: Kann das denn wahr sein? Der kremlkritische Radiosender Echo Moskwy startet eine Blitzumfrage: Mehr als 70 Prozent der Befragten glauben die Geschichte nicht, wie am früheren Nachmittag auf der Internetseite zu sehen ist.

    Auch frühere Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes FSB reagieren. „In einem Land, das mit Terrorismus und Extremismus zu kämpfen hat, gibt es immer die Gefahr einer Vorbereitung von Anschlägen auf die höchsten Staatsfunktionäre“, sagt der FSB-Oberst der Reserve und Duma-Abgeordnete Gennadi Gudkow. Doch diese Nachricht erst jetzt und dann so kurz vor der Wahl, das „entwertet diese Information“. Dagegen betont der frühere FSB-Chef Nikolai Kowaljow, die Vorbereitungen des Anschlags seien weit vorangeschritten gewesen. Die Terroristen wollten das Land destabilisieren, sagt der Parlamentsabgeordnete der Putin-Partei Geeintes Russland.

    Alte Geheimdienstreflexe sieht wiederum der Politologe Dmitri Oreschkin: „Das ist ein Zeichen dafür, dass die wirklichen Führer der politischen Strukturen von Wladimir Putin Leute aus dem FSB sind.“

    Im Krieg gegen den Kreml

    Der tschetschenische Terrorist Doku Umarow (47) sieht sich schon lange im Krieg mit dem Kreml. Nun soll „Russlands Osama bin Laden“ Drahtzieher eines vereitelten Attentats auf Regierungschef Wladimir Putin gewesen sein. Immer wieder hat sich Islamistenführer Umarow zu Anschlägen bekannt. Der Erzfeind von Tschetscheniens umstrittenem Republikchef Ramsan Kadyrow wirft Moskau eine „blutige Besatzungspolitik“ im Konfliktgebiet Nordkaukasus vor. Nicht erst seit dem Anschlag auf den Moskauer Flughafen Domodedowo mit 38 Toten vor einem Jahr gilt Umarow als Staatsfeind Nummer eins. Erst vor kurzem hatte Umarow in einem Internetvideo überraschend ein Ende der blutigen Anschläge auf Zivilisten angeordnet. Gekleidet in Tarnanzug und mit langem Bart, nannte er die aktuellen Massenproteste gegen den Präsidentenkandidaten Putin vor der Abstimmung an diesem Sonntag als Grund dafür. Aber Amtsträger und Geheimdienstmitarbeiter seien weiterhin „Ziele“, betonte der frühere Kämpfer der Tschetschenienkriege in dem Clip.

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