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WÜRZBURG: Einmal Sommer in der Waffel, bitte!

WÜRZBURG

Einmal Sommer in der Waffel, bitte!

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    Weindorfeis, Heidelbeere, Mango und Pistazie: Die beiden Auszubildenden Marilena Vettori und Jonathan Zenglein präsentieren Eissorten der Saison und eine traditionelle Auswahl.
    Weindorfeis, Heidelbeere, Mango und Pistazie: Die beiden Auszubildenden Marilena Vettori und Jonathan Zenglein präsentieren Eissorten der Saison und eine traditionelle Auswahl. Foto: Fotos: Thomas Obermeier

    Jede Menge Ei, Milch und Zucker: Wer eine Kugel Eis bei Pietro Vettori kaufte, konnte damit gleich eine ganze Mahlzeit ersetzen. 1932 eröffnete der Einwanderer aus Norditalien die erste italienische Eisdiele Würzburgs – das Benito. „Ein Eis nach diesem Rezept würde jetzt niemand mehr kaufen“, sagt Urenkelin Marilena Vettori und lacht.

    Heute, 81 Jahre später, steht die 22-Jährige in der Eisküche und entwickelt immer neue Sorten. Ideen dafür bekommt sie unter anderem in ihrer Ausbildung zur Eisherstellerin. Gemeinsam mit ihrem Verlobten Jonathan Zenglein (22) arbeitet sie teils im elterlichen Betrieb und geht teils in die Berufsschule.

    Dass Kunden neue Sorten erwarten, sagt auch Stefan Mußmächer vom Würzburger Eiscafé a Casa. Er hat sich das Eismachen im Gegensatz zu den beiden Auszubildenden im Benito selbst beigebracht. Es hat eine Weile gedauert, bis er die richtige Mischung fand. Aber den Spaß am Experimentieren hat sich Mußmächer erhalten: Thunfisch-Wasabi- und Steinpilz-Eis hat er in seiner Küche schon kreiert. Verkauft hat sich das aber nicht. „Steinpilz-Eis schmeckt gut auf einer Scheibe Toast, ist aber leider nicht sehr publikumstauglich“, erzählt er. Das habe er aber auch nicht erwartet, ihm gehe es ums Probieren und Experimentieren. So ist auch das Elvis-Presley-Eis entstanden: ein Eis mit Banane, Erdnuss und Schokolade. Die Sorte erinnert an die Leibspeise des King of Rock 'n' Roll, der gern Erdnussbuttertoast mit Speck und Banane aß. „Und weil sich Speck im Eis nicht eignet, haben wir den durch Schokolade ersetzt.“

    Laut Mußmächer verkauft sich das Eis gut. Das hängt wohl auch ein bisschen mit dem Namen zusammen. Sorten mit Markennamen müssen die Eismacher bei den Rechetinhabern kaufen. Bei Kindern sind derzeit Schlumpf- und Hello-Kitty-Eis erfolgreich.

    „Erdbeer-Joghurt-Eis klingt langweilig, der Name Hello-Kitty lockt kleine Mädchen in die Eisdiele“, erklärt Kristine Rapoporte vom Eiscafé Fontana an der alten Mainbrücke in Würzburg. Es gebe Kunden, die studierten die Liste der Eissorten und entschieden sich nach Namen. Und es gebe Kunden, die schauten sich die Behälter in der Auslage an und entschieden sich nach Optik. Marilena Vettori hat da die gleichen Erfahrungen wie die anderen Eisdielenbetreiber gemacht.

    Gerade arbeitet sie in der Eisdiele, aber für die Ausbildung geht es jeden Monat zwei Wochen in die Berufsschule nach Mannheim. Sie und ihr Verlobter haben schon einige Erfahrung durch ihre Arbeit im Familienbetrieb gesammelt. Trotzdem oder gerade deswegen finden sie es wichtig, auch noch von anderen zu lernen. „Man ist sonst ein bisschen betriebsblind“, sagt Marilena Vettori. In der Schule gehe es weniger darum, wie man das perfekte Eis herstelle, sondern eher um Grundlagen. Zum Beispiel, wie das Eis cremiger oder fester wird. Auch Hygienevorschriften und Marketing stehen auf dem Lehrplan. Am perfekten Eis arbeiten sie dann im Betrieb, sagt Marilena. Rezepte verändern sich mit der Zeit, so wie sich auch der Geschmack der Kunden ändert. „Das Schöne an unserem Beruf ist, dass wir ein Eis herstellen und direkt Feedback bekommen. Verkauft sich das Eis gut? Sind die Kunden begeistert oder nicht?“ Gerade fragen immer mehr Kunden nach laktosefreiem Eis für Allergiker, auch vegane Sorten stehen hoch im Kurs. Deshalb produzieren die Eismacher auch Eis aus Soja- oder Reismilch. Und Für Diabetiker gibt es Eis mit Zuckeraustauschstoffen.

    In ihrer Ausbildung, die erst seit 2008 staatlich anerkannt ist, lernen sie aber nicht nur von den Lehrern, auch ihre acht Mitschüler haben viel zu erzählen. „In Großstädten etwa kann eine Kugel Eis auch schon mal zwei Euro kosten, wenn der Kunde dafür garantiert bekommt, dass alle Zutaten komplett bio sind“, sagt Jonathan Zenglein. In Würzburg hingegen sei ein Euro pro Kugel schon die Schmerzgrenze. Die Klasse der Auszubildenden ist klein. Die Nachfrage nach dem Beruf des Eisherstellers ist so gering, dass der Kurs in Bayern eingestellt wurde. Deshalb pendeln beide in die Schule nach Mannheim. Damit gehen die Eishersteller einem Splitterberuf nach.

    Die Anzahl der Berufsschulen in Deutschland ist übersichtlich. In Hamburg, Recklinghausen und Dortmund wird die Ausbildung zum Eishersteller unter anderem noch angeboten, bestätigt Roland Elmer vom Verlag Bildung und Wissen.

    Einer der Mitschüler von Marilena und Jonathan arbeitet in einer Eisdiele, in der sich die Mitarbeiter vom gewohnt italienischen Flair gelöst haben und das Eis ganz modern zu Disco-Musik servieren. Das ist für Marilena und Jonathan jedoch keine Option.

    Im Eiscafé ist Vater Günther Vettori für die Eisherstellung verantwortlich. Mutter Benita kümmert sich um Buchhaltung, Werbung und das Personal. Ihr zukünftiger Schwiegersohn Jonathan Zenglein ist eigentlich gelernter Elektroniker. Als er und Marilena ein Paar wurden, entschied er sich, in den Betrieb ihrer Familie einzusteigen. „Es ist viel schöner, für die Familie zu arbeiten und nicht nur für den eigenen Geldbeutel“, sagt er. „Man verdient das Geld nicht nur für sich, sondern für den Betrieb – und das motiviert sehr.“

    Auch Marilena arbeitet gern in der Eisdiele ihrer Familie. Ihr Vater sei sehr offen für neue Ideen, erzählt sie. „Meine Eltern haben nie Druck auf mich ausgeübt, dass ich das Benito übernehmen soll. Sie finden es auch gut, dass ich erstmal Abitur gemacht habe.“ Mit einem zusätzlichen Jahr zur zweijährigen Ausbildung will sie noch den Abschluss zur Konditorin machen.

    Bleibt noch die Frage, was ein Eismacher eigentlich im Winter macht. Vor allem erholen, sagt Jonathan Zenglein. In der Eissaison von Anfang März bis Ende Oktober werde nämlich an sieben Tagen in der Woche gearbeitet. An Urlaub ist da nicht zu denken. „Im Winter kann man runterkommen. Das braucht man dann auch“, sagt er. Und zwei Monate, bevor die Saison wieder beginnt, fangen die Vorbereitungen an. Dann suchen sie nach Personal, entscheiden über ihre Auswahl und die Preise auf der Karte.

    Und selbst in der Freizeit lässt die beiden das Eis nicht los. „Auch in anderen Städten kaufen wir uns gerne mal eine Kugel Eis. Dann überlegen wir automatisch, ob es gut ist und was wir verändern würden“, erzählt Jonathan und lacht.

    Und für den Sommer hat jede Eisdiele ihre eigenen Tipps: Das Eiscafé Rialto in Bad Kissingen beispielsweise setzt auf außergewöhnliche Eissorten – Zuckerwatte, Buttermilch mit Sanddorn und Holunder. Im Benito gibt es Variegati. „Das ist ein Sahneeis mit Frucht- oder Schokoladensoße“, sagt Marilena Vettori. Zum Eis des Jahres wählte die Union italienischer Eishersteller in Deutschland gerade Zitrone mit Basilikum.

    Stefan Oschmann

    Mit dem Ziel, afrikanische Musik in unverfälschter Form auch in Würzburg bekannt zu machen, hat Stefan Oschmann vor 25 Jahren den Verein „Afro Project e.V.“ gegründet. Seit 1989 holt er jedes Jahr bekannte und unbekannte Musiker, Neuentdeckungen und Stars auf die Mainwiesen. Oschmann, 1951 in Bad Kissingen geboren, ist promovierter Psychologe und leitet seit 1983 die psychologische Beratungsstelle des Würzburger Studentenwerks.

    ONLINE-TIPP

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