Allergische Erkrankungen haben in den vergangenen Jahrzehnten laut Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst dramatisch zugenommen – und nehmen weiter zu. Experten sprechen bereits von der „Epidemie des 21. Jahrhunderts“. Die häufigste Diagnose ist die allergische Rhinitis, besser bekannt als Heuschnupfen. Er wird durch den Blütenstaub von Pflanzen ausgelöst. Deshalb sind sonnige Frühlingstage für Betroffene meist eine Qual. Ihre Augen sind gerötet, die Nase trieft und juckt, der Kopf brummt, die Befindlichkeit ist müde und abgeschlagen.
Etwa 20 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Heuschnupfen. Rund sechs Millionen davon reagieren vor allem auf Baumpollen allergisch. Der Polleninformationsdienst spricht von einer starken Birkenpollensaison. Wenn wie in den vergangenen Tagen die Sonne den ganzen Tag scheint, dann kommt es zu einem explosionsartigen Anstieg der Birkenpollenbelastung. Am Montag flogen sie besonders stark durch die Luft. Für den heutigen Dienstag hat der Deutsche Wetterdienst einen mäßigen bis starken Birkenpollenflug vorhergesagt. „Birkenpollen gehören zu den Hauptauslösern von Heuschnupfen und allergischem Asthma“, sagt Professor Dr. Axel Trautmann von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie der Universität Würzburg. Die wichtigsten Informationen zum Thema Heuschnupfen:
Die Pollen-Hitparade
Eine Umfrage der GfK in Nürnberg ergab: Mehr als ein Viertel aller Allergiker (28 Prozent) reagiert empfindlich auf den Blütenstaub von Birken – vor allem die 40- bis 49-Jährigen. Von ihnen leiden 43,1 Prozent an den Pollen. Gräser landen mit 26,3 Prozent knapp hinter der Birke. Auf Platz drei: die Pollen der Haselnuss (14,4 Prozent).
Wie lange dauert der Pollenflug?
Die Zeit des Pollenflugs hat sich in den vergangenen Jahren ausgedehnt, sagt Allergologe Horst Müksen, Vorstandsmitglied der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst. Oft seien Frühblüher wie Hasel und Erle bereits im Januar aktiv. Birkenpollen verbreiten sich bei steigenden Temperaturen schnell und heftig, geradezu „überfallartig“, so Müksen. Die Hauptsaison der Gräser kann bis Anfang Oktober dauern.
Ist jeder gleich stark betroffen?
Es gibt Patienten, die kaum beeinträchtigt sind. Sie haben schnupfenähnliche Symptome, juckende Augen und Nasen. Andere haben dagegen massive Beschwerden und können kaum aus den Augen schauen.
Muss Heuschnupfen behandelt werden?
Die Allergie sorgt für eine Entzündung der Schleimhäute, und jede Entzündung kann auch Schäden anrichten. Betroffene, die den Heuschnupfen als vorübergehende Lappalie abtun, riskieren eine ernsthafte Erkrankung. Eine allergische Entzündung der Nasenschleimhaut kann im Lauf der Jahre auf Lunge und Bronchien übergreifen und schlimmstenfalls zu Asthma führen mit Kurzatmigkeit beziehungsweise Atemnot und Reizhusten. Beginnt der Heuschnupfen bereits im Kindesalter, etwa als Allergie gegen Birkenpollen, und wird nicht behandelt, dann weitet sich die Allergie mit der Zeit meist aus. Der Patient reagiert dann auch auf Pollen anderer Pflanzen wie Gräser oder Kräuter oder wird auf Hausstaub oder Tierhaare allergisch. Deshalb der dringende Rat des Mediziners: Gehen Sie zum Allergologen, sonst riskieren Sie, dass auch Nasen und Lungenschleimhäute Schaden nehmen.
Medizinische Hilfe
Für die Entzündungen ist der Botenstoff Histamin verantwortlich. Medikamente, die Antihistaminika, unterdrücken die Wirkung des Botenstoffes. Manchmal helfen auch Sprays und Tropfen mit und ohne Kortison, die eine antientzündliche Wirkung auf die Schleimhäute haben. Für viele Betroffene ist es langfristig aber keine Lösung, nur Medikamente gegen die Symptome einzunehmen. Besser sei es, das Übel an der Wurzel zu packen – mit einer Immuntherapie.
Wie wirkt eine Immuntherapie?
Sie soll das Immunsystem langsam daran gewöhnen nicht überzureagieren, es soll die Pollen tolerieren. Dafür injiziert der Mediziner unter der Haut jene Pollen, die die Allergie hervorrufen. Schrittweise wird die Dosis dabei erhöht. Das kann ambulant über Wochen und Monate geschehen, als Kurzzeit-Therapie auch innerhalb weniger Tage (für Allergiker mit weniger starken Beschwerden). Die Kurzzeit-Immuntherapie besteht aus bis zu sieben Spritzen, die vor Beginn der Pollensaison verabreicht werden müssen. Eine vollständige Immuntherapie dauert – je nach Allergie – mindestens drei bis fünf Jahre.
Tipps für den Alltag
Experten empfehlen: Sobald die Pollen fliegen, sollten Allergiker nach längeren Aufenthalten im Freien und vor dem Schlafengehen die Nasenschleimhaut mit einer Nasendusche vorsichtig reinigen. Außerdem hilft es, mehrmals täglich das Gesicht abzubrausen und jeden Abend vor dem Schlafengehen die Haare zu waschen. Die getragene Kleidung sollte vor der Schlafzimmertüre bleiben. Und wer nach längeren Aufenthalten im Freien ins Auto steigt, sollte vorher seine Jacke in den Kofferraum legen.
Weitere Tipps: Brille oder Sonnenbrille tragen; anstrengende Betätigungen im Freien vermeiden; beim Autofahren die Fenster geschlossen halten und die Lüftung ausschalten (Pollenfilter sind ideal); Stoßlüften ist besser als ständig gekippte Fenster, nachts sollten die Fenster geschlossen sein; tägliches Bodenwischen und/oder Staubsaugen, wobei der Staubsauger mit einem Mikrofilter ausgestattet werden sollte. Allergiker sollten allerdings nicht selbst saugen.
Der Automobilclub ADAC rät: Bei heftigen Niesattacken sollte das Auto möglichst an den Straßenrand gefahren werden. Eine Niesattacke am Steuer führt bei Tempo 50 zu fast 14 Metern „Blindflug“, weil der Fahrer abgelenkt ist und nicht auf die Fahrbahn achtet. Bei ausgeprägten Beschwerden ist es besser, ganz auf das Auto zu verzichten. Geschieht ein Unfall durch Einwirkung von Medikamenten, kann dies zum Verlust des Versicherungsschutzes oder gar des Führerscheins führen.
Informationen zum Pollenflug
Der Deutsche Wetterdienst erstellt in Zusammenarbeit mit der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) Vorhersagen des Fluges der sieben allergologisch wichtigsten Blütenpollen: Hasel, Erle, Birke, Süßgräser, Roggen, Beifuß, Ambrosia. Die Pollenflugvorhersage kann im Internet abgerufen werden unter: www.dwd.de/pollenflug Informationen des PID stehen im Internet unter: www.pollenstiftung.de
Mitarbeit: tbr, noh, dpa