Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

BERLIN: Ethikrat: Diskussion um Hirntod und Organspende

BERLIN

Ethikrat: Diskussion um Hirntod und Organspende

    • |
    • |

    Der Deutsche Ethikrat hat mehr Transparenz und Aufklärung der Bürger rund um das Thema Organspende gefordert. „Jeder Mensch muss die Möglichkeit haben, seine individuelle Entscheidung zur Organspende auf der Grundlage hinreichender Informationen zu treffen. Dies gilt auch für die Frage, wann der Mensch tot ist“, erklärte das Gremium am Dienstag in Berlin.

    Der Ethikrat sieht im Hirntod eines Menschen weiterhin die Voraussetzung für eine Organentnahme. Er forderte die Ärzteschaft auf, für eine verlässliche Hirntoddiagnostik die Praxis kontinuierlich dem wissenschaftlichen Stand anzupassen. Die Fachkompetenz sollte durch eine entsprechende Aus- und Weiterbildung gewährleistet werden.

    „Der ärztliche Behandlungsauftrag konzentriert sich auf das Wohl des Patienten und nicht auf eine theoretische Möglichkeit zur Organspende.“

    Eckhard Nagel, Chef des Essener Uniklinikums in einem Sondervotum

    Ungereimtheiten bei der Verteilung von Spenderorganen an mehreren Kliniken und bei der Feststellung des Hirntodes sorgten in der Vergangenheit für große Verunsicherung in der Bevölkerung. Zuletzt ging die Bereitschaft zurück, Organe zu spenden. „Um das Vertrauen in die Transplantationsmedizin zu stärken, sind Transparenz und eine offene gesellschaftliche Diskussion notwendig“, erklärte der Ethikrat weiter.

    Das Gremium empfiehlt zudem, Information und Kommunikation in den Gesprächen mit Angehörigen von hirntoten Patienten zu verbessern. In allen Bundesländern sollten die rechtlichen Voraussetzungen für einen Transplantationsbeauftragten in Entnahmekrankenhäusern geschaffen werden. Für den Prozess der Organspende sei dieser unerlässlich. Der Deutsche Ethikrat wurde 2007 ins Leben gerufen. Die Frage, wann der Mensch tot ist, ist bis heute umstritten. Eine Mehrheit des Ethikrates ist der Auffassung, „dass der Hirntod ein sicheres Todeszeichen ist“. Eine Minderheit hält den Hirntod nicht für den Tod des Menschen, weil wesentliche Organfunktionen – wenn auch maschinell – noch aufrechterhalten würden. Allerdings sehen auch die drei abweichenden Positionen im Hirntod „die Rolle eines notwendigen Entnahmekriteriums“.

    Der Essener Mediziner Eckhard Nagel, der das Sondervotum unterzeichnet hatte, hielt dem Ethikrat vor, mit seiner Stellungnahme die Verunsicherung in der Bevölkerung weiter zu schüren. Der Direktor des Universitätsklinikums Essen sagte der dpa, in manchen Formulierungen des Rates schwinge der Verdacht mit, die Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen im Umfeld der Hirntoddiagnostik instrumentalisiere den Sterbenden als Organspender.

    Nagel hielt dem entgegen: „Der ärztliche Behandlungsauftrag konzentriert sich auf das Wohl des Patienten und nicht auf eine theoretische Möglichkeit zur Organspende.“ Er sieht daher auch keinen Handlungsbedarf des Gesetzgebers. Anders die Mehrheit des Rates – etwa bei der Frage, ab wann der Schutz des Arztes sich auf die Spenderorgane konzentrieren kann.

    Deutscher Ethikrat

    Er berät Bundesregierung und Bundestag in ethischen, medizinischen, rechtlichen und sozialen Fragen: der Deutsche Ethikrat. Das Gremium hat 26 Mitglieder – unter ihnen finden sich Naturwissenschaftler und Juristen, Philosophen, Theologen oder Mediziner. Die unabhängigen Experten diskutieren zentrale ethische, rechtliche oder medizinische Fragen und ihre möglichen Folgen für Individuum und Gesellschaft. Dabei geht es um die Bereiche Sterbehilfe und Stammzellforschung, Altenpflege, Migration oder Organspende. Der Deutsche Ethikrat berichtet dem Bundestag und der Bundesregierung immer zum Ablauf eines Kalenderjahres schriftlich über seine Arbeit und den Stand der gesellschaftlichen Debatte. Text: dpa

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden