Die EU-Kommission hüllte sich am Montag erst einmal in Schweigen, als die ersten Details über die deutschen Pläne zur Einführung einer Pkw-Maut bekannt wurden. Verkehrskommissar Siim Kallas schickte seine Sprecherin vor und ließ sie betonen, dass „die Nicht-Benachteiligung ein selbstverständliches Prinzip des EU-Rechtes ist“. Das gelte für Straßenbenutzungsgebühren „genauso wie für alles andere“. Im Übrigen wolle man jetzt zunächst die Einzelheiten studieren, wenn die Unterlagen aus Berlin vollständig vorliegen.
Ein Ergebnis der Prüfung dürfte es so bald nicht geben: In Brüssel beginnt in zwei Wochen die Sommerpause der EU. Wenn die Kommission Anfang September wieder an Bord ist, steht im Oktober das Ende der Amtszeit bevor. Bis ein neuer Verkehrskommissar gewählt und eingearbeitet wurde, ist es wohl schon 2015.
Dennoch gibt es erste behutsame Hinweise, dass die nunmehr aufgeteilte Vorlage ein gangbarer Weg sein könnte. Schließlich hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im ersten Gesetz zur Einführung einer Infrastrukturabgabe keine erkennbare Unterscheidung zwischen Ausländern und Bundesbürgern vorgenommen. Die Kompensation der ortsansässigen Autobesitzer im zweiten Gesetz entspricht dagegen durchaus einem System, das die Richtlinie 1999/62/EG erlaubt. Darauf hatte sich auch Großbritannien berufen, als es 2014 eine Vignette für Lkw über zwölf Tonnen Gesamtgewicht einführte, die inländischen Laster allerdings von einem Teil der Kfz-Steuer befreite.
Angelika Niebler, die neue Chefin der CSU-Landesgruppe im EU-Parlament, zeigte sich deshalb am Montag auch überzeugt: „Die Infrastrukturabgabe ist europafest.“ Schließlich müssten „alle Pkw-Halter eine Vignette erwerben, auch die in Deutschland ansässigen.“ Das ist allerdings nicht ganz richtig, schließlich wird die Gebührenmarke den hiesigen Autobesitzern automatisch zur Verfügung gestellt und gleichzeitig mit der Steuer verrechnet. „Das ist ein mögliches Problem“, hieß es gestern aus dem Umfeld der Kommission.
Dort gab man am Montag unumwunden zu, dass es „keine breite Unterstützung für ein EU-weites Konzept der Straßengebühren“ gebe. Beobachter rechnen aber damit, dass das Thema vor dem Hintergrund der angekündigten Klagen Österreichs und der Niederlande doch noch einmal auf den Tisch kommen könnte, zumal auch Belgien noch überlegt, ob man sich einem Vorgehen gegen Deutschland anschließt. Dies könnte für die Dobrindt-Pläne zum Stolperstein werden. Denn der Verkehrsminister hat in einen Wunsch der Kommission übergangen: In Brüssel besteht man zwar auf einer Plakette, die auch für kürzere Zeitspannen (eine oder zwei Wochen) verfügbar sind, hätte am liebsten aber das französische System einer streckenabhängigen Maut für ganz Europa.