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STRAßBURG/BRÜSSEL: EU verschärft Kontrolle für Medikamente

STRAßBURG/BRÜSSEL

EU verschärft Kontrolle für Medikamente

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    Das Schmerzmittel Contergan erreichte vor mehr als 50 Jahren traurige Berühmtheit. Schwangere brachten nach der Einnahme missgebildete Babys auf die Welt. Seitdem hat sich viel geändert, Kontrollen sorgen für mehr Sicherheit. Doch auch heute müssen Pharmahersteller noch nach Jahren Medikamente vom Markt nehmen. Nun zieht die EU die Konsequenzen. Hersteller werden schärfer kontrolliert und Beipackzettel verständlicher. Das EU-Parlament beschloss neue Regeln, die Mitte 2013 in Kraft treten sollen.

    Warum sind schärfere Zulassungsregeln nötig?

    Medikamente können schwerwiegende Nebenwirkungen haben, die oft erst nach der Genehmigung festgestellt werden. Grund dafür ist, dass bei Studien das Medikament nur an einer begrenzten Zahl von Probanden getestet wird, danach aber Millionen Menschen das Präparat einnehmen. Bestimmte Wechselwirkungen sind nicht erkennbar. Langzeitfolgen tauchen erst nach Jahren auf.

    Welche Folgen hat das?

    Nach Schätzungen werden fünf Prozent aller Krankenhauspatienten wegen Nebenwirkungen eingeliefert. Unerwünschte Folgen von Medikamenten gelten als die fünfthäufigste Todesursache in Kliniken. Für einen Skandal sorgte das Schmerzmittel Vioxx, das der US-Pharmakonzern Merck 2004 zurückzog, weil es das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöhte. 2009 wurde das Schlankheitsmittel Mediator des französischen Pharmariesen Servier nach Hunderten Todesfällen verboten.

    Wie werden Medikamente überwacht?

    Behörden sorgen für die Kontrolle, in Deutschland etwa das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Laut Gesetz muss ein Hersteller bestimmte Voraussetzungen für die Zulassung erfüllen und bei Schäden haften. Auf EU-Ebene ist die Europäische Arzneimittel-Agentur zuständig. Sie betreibt eine Datenbank, die Berichte über Nebenwirkungen sammelt.

    Was ändert sich künftig?

    Pharmafirmen kommen an die kurze Leine. Nimmt ein Hersteller ein Medikament vom Markt, muss er die Gründe angeben und sagen, ob es etwa fehlender Umsatz oder Sicherheitsbedenken sind. Die nationale Zulassungsbehörde meldet das an die EU-Arzneimittel-Agentur. Diese informiert automatisch alle Mitgliedsstaaten, damit sie reagieren können. Falls ein Staat einem Medikament die Zulassung entzieht, wird dies auch auf EU-Ebene geprüft. Die Liste der Produkte, die unter besonderer Beobachtung stehen, wird erweitert.

    Was können Patienten tun?

    Auf den Seiten der nationalen Behörden finden Patienten Informationen über Nutzen und Risiken von Medikamenten. Beipackzettel von verschreibungspflichtigen Medikamenten müssen im Internet stehen. Wer Nebenwirkungen an sich bemerkt, die nicht auf dem Beipackzettel aufgelistet sind, kann sie auf einem speziellen Formular (dpaq.de/iEKv8) an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte melden.

    Und der Beipackzettel?

    „Zu schwer verständlich, zu unleserlich, zu unübersichtlich“ – so beschreibt die EU-Abgeordnete Anja Weisberger (CSU) Packungsbeilagen. Sie sollen Patienten benutzerfreundlich über Nebenwirkungen und Dosierung informieren. In der Praxis verunsicherten Fachbegriffe und lange Listen von Nebenwirkungen aber nur, so die Kritik.

    Wie sehen Packungsbeilagen in Zukunft aus?

    Künftig müssen sie eine Faktenbox haben, die Kerninformationen wie sichere Anwendung, Dosierung und Nebenwirkungen in einfachen Worten zusammenfasst. Die Box muss grafisch oder farblich hervorgehoben sein. Die Beipackzettel sollen zudem in allen offiziellen EU-Sprachen verfügbar sein.

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