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BERLIN/BRÜSSEL/MÜNCHEN: EU will Debatte um Sozialmissbrauch entschärfen

BERLIN/BRÜSSEL/MÜNCHEN

EU will Debatte um Sozialmissbrauch entschärfen

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    Im Streit um Sozialleistungen für arbeitslose Einwanderer aus der Europäischen Union ist die EU-Kommission um Schadensbegrenzung bemüht. Nach heftigen Vorwürfen führender Unionspolitiker an ihre Adresse will sie das Problem durch Leitlinien zur Verhinderung von Sozialtourismus entschärfen.

    „Die Kommission agiert oftmals, ohne wirklich die Lebensrealitäten zu kennen“, sagte CSU-Chef Horst Seehofer der Nachrichtenagentur dpa. Deren wiederholte Einmischung in national geregelte Bereiche nannte er „Wasser auf die Mühlen der Europakritiker“. Seehofer beteuerte, die CSU sei „ausdrücklich für die Freizügigkeit“. „Aber wir sind gegen den Zuzug in die sozialen Sicherungssysteme.“

    Die Kommission hatte zuvor deutlich gemacht, dass sie einen generellen Ausschluss neu zugewanderter Arbeitsloser aus EU-Staaten von Hartz-IV-Leistungen für unzulässig hält. Nötig seien konkrete Einzelfallprüfungen.

    Nach den scharfen Reaktionen in Deutschland kündigte die Kommission für diesen Montag Kriterien für den Anspruch auf Sozialleistungen für Bürger anderer EU-Staaten an. „Es gibt eindeutige Vorkehrungen im EU-Recht, um zu verhindern, dass Menschen die Sozialsysteme anderer EU-Staaten missbrauchen“, erklärte Sozialkommissar Laszlo Andor. Die Leitlinien sollen die Bewegungsfreiheit der Menschen in der EU erleichtern.

    Die Diskussion um angebliche Armutszuwanderer aus Rumänien und Bulgarien erhielt neue Nahrung, seit mit dem Jahreswechsel auch für die Bürger der beiden Staaten volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU gilt. Zumindest in den ersten drei Monaten haben sie aber keinen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen.

    Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) kritisierte die Position der Kommission als „völlig inakzeptabel“. „Würde sich ihre Ansicht durchsetzen, würde es vermutlich einen erheblichen Zustrom von Menschen geben, die allein wegen der Hartz-IV-Zahlungen nach Deutschland kommen würden“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Ähnlich äußerte sich CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer im „Spiegel“: Die Kommission stelle einen „Freifahrtschein in das deutsche soziale Sicherungssystem aus.“

    EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) plädierte dafür, die Probleme offen zu benennen. „Wir können nicht leugnen, dass es in manchen Städten Probleme gibt mit einer kleinen Minderheit, die nicht oder schwer integrierbar ist und sich nicht verantwortungsbewusst verhält“, sagte er der „Wirtschaftswoche“.

    Der Chef des SPD-Arbeitnehmerflügels, Klaus Barthel, sieht die EU für die Arbeitnehmerfreizügigkeit nur unzureichend gewappnet. „Unser Sozialsystem ist auf diese Situation ebenso wenig vorbereitet wie das anderer Mitgliedsstaaten“, sagte er „Handelsblatt Online“. Nötig sei eine EU-weite Debatte „über die soziale Flankierung der Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt und die Dämpfung des Migrationsdrucks durch eine ausgeglichenere Wirtschaftsentwicklung“.

    Der Vorsitzende der EU-kritischen Alternative für Deutschland, Bernd Lucke, lehnt Sozialhilfe für zugezogene EU-Ausländer ab. „Brüssel darf nicht darüber entscheiden, wer in Deutschland Sozialleistungen erhält“, sagte er dem „Focus“.

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