Wenn Dagobert Duck, die reichste Ente der Welt, in seinen Geldspeicher springt wie in ein Schwimmbecken, um in seinem Vermögen zu baden, dann steht dieser Geldspeicher nicht im Disneyland Paris. Dort sind die Kassen leer: Euro Disney steht vor der Pleite. Die Betreibergesellschaft gab nun einen milliardenschweren Notplan bekannt, mit dem das US-Mutterhaus The Walt Disney Company den kriselnden Vergnügungspark in Marne-la-Vallée nahe der französischen Hauptstadt retten will. Demnach stellt es 420 Millionen Euro direkt zur Verfügung und wird Schulden in Höhe von 600 Millionen Euro in Anteile umwandeln. Das soll den Schuldenberg in Höhe von 1,75 Milliarden Euro auf einen Schlag um 43 Prozent verringern.
Umgesetzt wird der Rettungsplan, der auch eine Verschiebung von Kreditrückzahlungen an Disney vorsieht, im ersten Halbjahr 2015. Bislang hält der US-Mutterkonzern knapp 40 Prozent an Euro Disney, der saudische Prinz Al-Walid zehn Prozent und übrige Investoren 50 Prozent. Ein Rückzug von der Börse ist laut Finanzdirektor Mark Stead nicht vorgesehen, die Entscheidung liege aber bei den Aktionären. Nach Bekanntgabe des Plans stürzte die Aktie von Euro Disney an der Pariser Börse zwischenzeitlich um mehr als 20 Prozent ab, erholte sich dann aber wieder leicht.
„Angesichts der Verluste wussten wir, dass wir unseren Schwachpunkt angehen müssen: die Verschuldung“, erklärte Stead. „Das wird keinerlei Auswirkungen weder auf die Strategie noch auf die Arbeitsplätze haben.“ Diese Ankündigung dürfte die rund 15 000 Angestellten des Freizeitparks erleichtern.
Obwohl er zu den am meisten besuchten Attraktionen Frankreichs gehört und 6,2 Prozent der Einkünfte aus Tourismus ausmacht, schreibt er seit Jahren rote Zahlen. Bereits im September 2012 hatte Disney mit einem Kredit von 1,3 Milliarden Euro die Schulden der Betreibergesellschaft refinanziert. In nur sieben von 22 Jahren gelang ein Umsatzplus. Erwartet wird für 2014 ein Nettoverlust von mindestens 110 Millionen Euro, das sind fast zehn Prozent des gesamten Umsatzes. Im Vorjahr waren es noch 78 Millionen Euro. Zugleich wurden hohe Investitionen getätigt, wie die knapp 200 Millionen Euro für die im Sommer eingeweihte Attraktion „Ratatouille“, inspiriert vom gleichnamigen Disney-Animationsfilm über die kochende Ratte Rémy.
Rückgang der Besucherzahlen
„Die Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds und das Gewicht der Verschuldung haben starke Auswirkungen“, erklärte Tom Wolber, seit Mitte September neuer Präsident von Euro Disney. So schiebt man den starken Rückgang der Besucherzahlen auf die Wirtschaftskrise in Frankreich und Europa. Diese sanken um fast zwei Millionen in den beiden vergangenen Jahren. In der Saison 2014, die am 30. September endete, wurden knapp 14,2 Millionen Besucher gezählt, gegenüber 14,9 Millionen im Vorjahr. Im Jubiläumsjahr 2012, als Euro Disney 20. Geburtstag feierte, freute man sich noch über den Besucherrekord von 16 Millionen. Auch die Belegungsquote der Hotels sinkt seither, von sehr guten 87,1 Prozent im Jahr 2011 auf 79,3 Prozent in 2013 und knapp 76 Prozent in diesem Jahr.
Vor allem das französische Publikum, das rund die Hälfte aller Besucher ausmacht, leide unter der Krise und spare immer mehr, heißt es – ein Argument, das kurz greift angesichts der positiven Entwicklung kleinerer Konkurrenten im eigenen Land wie Le Puy du Fou im Westen, des Parc Astérix oder auch des Europapark im baden-württembergischen Rust, unweit der Grenze.
Vielmehr dürfte der vergleichsweise hohe Eintrittspreis bei Disneyland Paris eine Rolle spielen, wo im Schnitt jeder Besucher gut 50 Euro ausgibt. Ein steinreicher Dagobert Duck mag sich das leisten können – für viele Familien ist es zu viel.