Schon ist die Rede von einer Woche der Entscheidungen für die Ausrichtung der EU. Noch nie zuvor gab es so viele Gipfeltreffen kurz nacheinander, die das internationale Gleichgewicht durcheinander bringen oder neu ordnen könnten. Brüssel wird zum Zentrum der Geschehnisse.
Unruhe liegt in der Luft. Die Zukunft der Union und auch der Nato – nichts scheint mehr selbstverständlich zu sein. „Europas strategische Grundpfeiler werden gerade neu sortiert“, sagt Jan Techau vom German Marshall Fund in Brüssel. Was der Experte vor allem mit Blick auf das Treffen der Allianz meint, zieht längst weitere Kreise.
Am Mittwoch kommt Japans Premierminister Shinzo Abe in die belgische Hauptstadt. Unterzeichnet wird das größte und umfangreichste Freihandelsabkommen in der Geschichte der EU. Die Asiaten und die Europäer gründen nicht nur einen gemeinsamen Markt. Sie setzen auch ein Zeichen gegen den Protektionismus des Donald Trump, der am gleichen Tag einfliegt.
Das Handelsthema ansprechen
Er führt zwar eigentlich nur Gespräche im Rahmen der Nato. Aber die Mehrheit der Allianz besteht aus europäischen Staats- und Regierungschefs, die nur auf eine Gelegenheit warten, das Handelsthema anzusprechen. Schließlich fürchtet die EU, in den Sog der neuen Auseinandersetzungen zwischen Washington und Peking hineingezogen zu werden – „den größten Handelskrieg in der Wirtschaftsgeschichte“, wie es Chinas Regierungschef Xi Jinping formulierte. Während Trump am Montag nächster Woche in Helsinki mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammentrifft, stiehlt Pekings Führungsspitze beiden mit dem EU-China-Gipfel glatt weg die Schau. „Die heutige Welt ist von Turbulenzen geprägt“, mahnte schon im Vorfeld Li Keqiang, der Ministerpräsident des Riesenreiches. Dass sich beide großen Blöcke genau zu einem Zeitpunkt aufeinander zubewegen, an dem die USA offenbar Russland aufzuwerten beginnen, bringt Europa durcheinander.
Mehr Selbstbewusstsein
„Politische Aktionen von Herrn Trump wie der Rückzug aus zahlreichen internationalen Vereinbarungen, beispielsweise dem Pariser Klimaabkommen oder zuletzt der Abschluss-Erklärung des G7-Gipfels, belasten die transatlantischen Beziehungen“, stellte denn auch David McAllister, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlamentes und früher CDU-Ministerpräsident von Niedersachsen, fest.
Die EU finde „nun endlich zu mehr Selbstbewusstsein“. Mit der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens mit Japan setze die Gemeinschaft „in dieser Woche ein Zeichen, dass es auch anders geht“. Dennoch blieben die „transatlantischen Beziehungen für uns enorm wichtig“. Die Suche „nach neuen Wegen“ gehe jedoch weiter, „um unsere globalen Ziele und Interessen in einer sich ändernden Welt erfolgreich umzusetzen“.