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BERLIN: Ex-Politiker Merz geht in die Wirtschaft

BERLIN

Ex-Politiker Merz geht in die Wirtschaft

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    Friedrich Merz war erst seit wenigen Monaten Chef der CDU-Bundestagsfraktion, als er im Oktober 2000 eine „deutsche Leitkultur“ als Grundlage einer zukünftigen Ausländerpolitik forderte. Dafür erhielt der damals 44-Jährige von konservativer Seite Beifall, der aber von wütenden Vorwürfen, er würde einem neuen Nationalismus das Wort reden, übertönt wurde.

    Heute ist die Leitkultur angesichts des beispiellosen Zustroms von Flüchtlingen wieder ein großes Thema. Die Abwehrreaktionen sind weit geringer als nach der Jahrtausendwende. Der Mann jedoch, der den Begriff einst in die Debatte geworfen hatte, spielt in der Politik längst keine tragende Rolle mehr.

    Immer wiederkehrende Gerüchte, dass der Wirtschats- und Finanzexperte wieder einsteigen könnte, sind jetzt wohl vom Tisch: Denn seit Montag gilt als sicher, dass der Jurist bei Blackrock Deutschland Vorsitzender des Aufsichtsrats werden wird. Das US-Unternehmen ist der weltgrößte Vermögensverwalter. Gegner des Konzerns – und davon gibt es viele – halten Blackrock für ein Finanzmonstrum, dass in der Lage sein könnte, ganze Branchen, ja sogar Staaten zu destabilisieren.

    Der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hatte Unternehmen wie Blackrock vor Augen, als er 2005 „anonyme Investoren“ mit einer Heuschreckenplage verglich. Klar ist: Wer bei Blackrock einsteigt, hat seinen Titel als ewiger wirtschaftsliberaler Hoffnungsträger der Union endgültig verloren.

    Mitreißend, kompetent, manchmal auch humorvoll: Ende der 90er Jahre schien der Aufstieg des groß gewachsenen Sauerländers unaufhaltsam. Merz galt als politisches Versprechen, als Macher, der das Zeug dazu haben könnte, Deutschland endlich ein effektives, allgemein verständliches Steuersystem zu bescheren. Doch als er 2000 Fraktionschef wurde, schwelte der Machtkampf mit Angela Merkel bereits. Nach der verlorenen Bundestagswahl 2002 verdrängte ihn die Konkurrentin von der Fraktionsspitze. Eine Demütigung, von der sich Merz politisch nicht mehr erholen sollte.

    Dabei schien ein Comeback mehrmals in greifbarer Nähe. 2005 zum Bespiel: Merz wurde mit 57,7 Prozent in seinem Wahlkreis Hochsauerland erneut direkt in den Bundestag gewählt. Doch dieser Triumph markierte den Beginn eines bitteren Abschieds. Merz zog sich demonstrativ in die hinteren Reihen des Plenums zurück und trat nicht mehr als Redner auf. Unterordnen wollte er sich nicht. Er hielt die Linie seiner Partei in zentralen Punkten für falsch: Für ihn waren und sind Teile der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Union Gift für die Konjunktur. Zur Bundestagswahl 2009 trat Merz nicht mehr an.

    Und danach? Fast jeder CDU-Politiker redete mit Bedauern darüber, dass ein brillanter Redner und Analytiker wie Merz in der Union nicht seinen Platz gefunden hat. Vielleicht kommt seine Stunde doch noch, wenn Merkel an der Flüchtlingskrise scheitern sollte, raunte mancher. Doch die Wahrheit ist: Friedrich Merz und die CDU passen schon lange nicht mehr zusammen.

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