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LONDON: Jamie Oliver und der Zuckerrausch

LONDON

Jamie Oliver und der Zuckerrausch

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    Jamie Oliver treibt es seit einigen Jahren immer wieder aus der Küche, um in einen „bedingungslosen Krieg“ zu ziehen, wie er es nennt. Sein Gegner ist so süß wie gefährlich: Zucker. Um seine Landsleute über den Nahrungsmittel-Feind aufzuklären, besuchte er für einen Film beispielsweise ein Krankenhaus, um einen Diabetiker zu treffen, dessen Fuß amputiert werden musste. Er traf Ärzte, die ihm und der Restbevölkerung erklärten, was Fettleibigkeit anrichtet. Und er beobachtete einen sechsjährigen Jungen, dem auf schmerzhafte Weise ein verfaulter Zahn gezogen wurde.

    Übergewicht und Fettleibigkeit

    Es sind Szenen aus der TV-Dokumentation „Sugar Rush“ (Zuckerrausch), die für einen Aufschrei im Land sorgten. Der 40-Jährige versucht mit allen Mitteln, die Briten aufzuklären und die Politik von einer Strafsteuer auf stark zuckerhaltige Getränke zu überzeugen. Der Grund? Kleinkinder im Vereinigten Königreich leiden neben jenen in Irland europaweit am stärksten unter Übergewicht und Fettleibigkeit. Einer Studie der Weltgesundheitsorganisation zufolge bringen mehr als 23 Prozent des britischen Nachwuchses unter fünf Jahren deutlich mehr auf die Waage als sie sollten – oder gelten bereits als adipös.

    Beim Schulabschluss ist das bereits jeder dritte Jugendliche, wie aus einem Bericht des Gesundheitsministeriums hervorgeht. Kinder aus armen Familien seien besonders betroffen.

    Behörden schlagen deshalb seit langem Alarm, der Nationale Gesundheitsdienst NHS klagt über Milliardenkosten, die übergewichtige Patienten im Erwachsenenalter verursachen, die Medien auf der Insel schreiben bereits von einer „Krise der Fettleibigkeit“. Weil Forscher herausgefunden haben, dass junge Briten den meisten Zucker in Flüssigform zu sich nehmen, etwa durch Limonaden, wächst die Zahl der Befürworter einer Strafsteuer. Stark versüßte Getränke seien laut Jamie Oliver die größte Zuckerquelle für Elf- bis 18-Jährige. Während Mediziner allgemein empfehlen, lediglich fünf Prozent der täglichen Energie in Form von Zucker zu sich zu nehmen, sind es in der Realität bis zu 15 Prozent. Deshalb wünscht sich Oliver, dass Cola, Fanta und Co. landesweit teurer werden.

    Gleichzeitig will er als Vorbild dienen. Er hat in seinen Restaurants die Preise für Softdrinks um zehn Pence verteuert, was wiederum den erhofften Effekt nach sich gezogen habe, betont der Koch. Die zusätzlichen Pennys spendet der vierfache Vater, der auch privat seinen Kindern Wasser statt Softdrinks predigt.

    Petition für Zusatzabgabe

    Oliver hat sogar eine Petition aufgesetzt, um die Politik von der Zuckersteuer zu überzeugen und vor den Abgeordneten im Parlament gesprochen. Mehr als 150 000 Menschen haben die Bittschrift unterzeichnet, in der Oliver eine Zusatzabgabe von sieben Pence für stark zuckerhaltige Getränke vorschlägt. Bislang lehnt Premierminister David Cameron wie viele seiner konservativen Kollegen eine solche Steuer ab, doch der öffentliche und politische Druck könnte zu groß werden.

    So hatte der Gesundheitsausschuss des Parlaments bereits im Herbst dafür plädiert, eine 20-prozentige Abgabe auf zuckerhaltige Getränke einzuführen. Dies würde einen wesentlichen Beitrag zu einer nationalen Strategie darstellen, um gegen Adipositas im Kindesalter vorzugehen. Die zusätzlichen Steuereinnahmen sollen dann wiederum in Vorsorge- und Aufklärungsprogramme investiert werden.

    Ein weiterer Vorschlag des Gremiums: TV-Werbung für Limos sollten erst ab 21 Uhr erlaubt sein. Die Nahrungsmittelbranche lehnt solche Vorstöße wie auch eine Zuckersteuer ab.

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