Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

NEAPEL/ROM: Kampanien versinkt im Müll

NEAPEL/ROM

Kampanien versinkt im Müll

    • |
    • |
    Müllberge auf den Straßen: Eine Frau hält sich in San Giorgio a Cremano nahe Neapel die Nase zu.
    Müllberge auf den Straßen: Eine Frau hält sich in San Giorgio a Cremano nahe Neapel die Nase zu. Foto: FOTO dpa

    Dabei sparen die Italiener nicht mit Selbstkritik: „Wir müssen uns endlich damit abfinden: In der internationalen journalistischen Darstellung erscheinen wir wie ein Land der Dritten Welt“, schrieb der Journalist Aldo Grasso am Montag im Mailänder „Corriere della Sera“. Tatsächlich laufen die Bilder der stinkenden Abfallberge in einer der schönsten Regionen Italiens in den internationalen Fernsehsendern rauf und runter: Von der britischen BBC über den arabischen Kanal Al Dschasira bis hin zu ARD und ZDF macht die neapolitanische Müll-Tragödie derzeit überall Schlagzeilen.

    „Wir sind ein Land, das sich von Abfällen überhäufen und unterdrücken lässt, ein Land, das einst Lebensstil vormachte und heute im Müll schwimmt“, ließ der Kommentator seiner Wut freien Lauf. Der Süden der Appenin-Halbinsel gilt seit jeher als wirtschaftlich schwächster Teil des Stiefel-Staates: Es mangelt an Infrastruktur, Arbeitsplätzen, Industrieunternehmen und Geld, zudem sitzt hier die mächtige Mafia, die nach wie vor sowohl in die Politik als auch in die Verwaltungsorgane verstrickt ist.

    Auch bei der illegalen Abfallentsorgung hat die Camorra – wie das organisierte Verbrechen in Neapel heißt – ihre Finger im Spiel. An großen Deponien und Verbrennungsanlagen mangelt es hingegen – und die Bürger wehren sich mittlerweile auch gewaltsam gegen die Einrichtung oder Wiedereröffnung von Müllverwertungsanlagen, weil sie gesundheitliche Schäden fürchten.

    Um der Lage zumindest einigermaßen Herr zu werden, will Ministerpräsident Romano Prodi jetzt so schnell wie möglich neue Standorte für Anlagen finden, in denen Biomasse in weiterverarbeitbare Energieträger umgewandelt werden kann. Als Sofortmaßnahme schickte Prodi am Montag Soldaten in die Region, die zumindest die Schulen vom Müll befreien sollen. Die Schüler und ihre Erziehung dürften keinesfalls unter der kampanischen Krise zu leiden haben, betonte der Regierungschef. Auch er fürchtet um das internationale Ansehen seines Landes. Immerhin schwelt das Abfallproblem seit vielen Jahren, was kein gutes Zeugnis für die Arbeit der italienischen Politiker ist.

    Der Mitte-Rechts-Opposition – die keine Gelegenheit auslässt, um die Regierung anzugreifen – kommen die schlimmen Bilder aus der Krisenregion am Vesuv hingegen wie gerufen: Roberto Calderoli von der rechtspopulistischen Liga Nord meinte zuletzt, Italien sei noch nicht einmal mehr eine „Bananenrepublik“, sondern eine „Bananenschalenrepublik“: Die Müllkrise in Neapel sei ein Symbol der Schande für sein Land.

    Im Blickpunkt

    Müll-Katastrophe in Kampanien

    In der süditalienischen Region Kampanien stapeln sich mittlerweile rund 100 000 Tonnen Abfall. Der Müll wird seit Wochen nicht abtransportiert, weil es an den nötigen Verwertungsanlagen mangelt. Neapel kämpft bereits seit 14 Jahren mit dem Problem. Der 1994 eigens eingerichteten Abfall-Kommission wird Unfähigkeit und Korruption vorgeworfen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden