„Menschen für Menschen“ ist gerettet. Die Vorwürfe, die ein Großspender gegenüber der von Karlheinz Böhm gegründeten Äthiopienhilfe erhoben hat, sind entkräftet. Die Organisation darf auch in Zukunft das vom Deutschen Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) vergebene Spendensiegel führen.
„Karlheinz hat es nicht verdient, dass sein Lebenswerk von einem Einzelnen oder einigen wenigen zerstört wird“, sagte eine erleichterte Almaz Böhm auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz in Berlin. Erst zwei Stunden zuvor hatte die studierte Viehzuchtexpertin, die ihren Mann vor 27 Jahren in Äthiopien kennengelernt hatte, erfahren, dass die mittlerweile seit knapp zwei Jahren von ihr geleitete Organisation weiterhin das Spendensiegel führen darf.
Jürgen Wagentrotz hatte der Stiftung zwischen 2004 und 2011 mehr als sieben Millionen Euro gespendet. Doch dann kam es zum Zerwürfnis zwischen dem Großspender und „Menschen für Menschen“. Daraufhin warf Wagentrotz der Organisation unter anderem vor, seine Zuwendungen seien illegal abgerechnet worden, ein geplantes neues Verwaltungsgebäude sowie viele der 326 in den letzten 32 Jahren erbauten Schulen seien unter anderem auf Grund zweifelhafter Ausschreibungsverfahren viel zu teuer gewesen. Von Verschwendung im großen Stil war die Rede. Zudem würden viele Schulen, nachdem sie – wie es in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit üblich ist – an den Staat übergeben würden, nicht ordentlich in Stand gehalten. Es gab hässliche Schlagzeilen, das Spendenaufkommen brach im Februar und März ein.
Doch im elfseitigen Prüfungsbericht des DZI heißt es jetzt: „Im Ergebnis unserer Sonderprüfung haben wir vor dem Hintergrund der Spendensiegel-Leitlinien in einzelnen Belangen Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Strukturen und Verfahrensweisen Ihrer Stiftung festgestellt. Zugleich sind wir in der Gesamteinschätzung zu der Überzeugung gelangt, dass die Stiftung Menschen für Menschen, das DZI-Spendensiegel weiterhin zu Recht trägt und eine etwaige Aberkennung des Siegels weder erforderlich noch sachgerecht wäre.“
Auf der von Großspender Jürgen Wagentrotz initiierten Internetseite spendenskandal.com hieß es trotz des entlastenden Gutachtens des DZI unter der Überschrift „Menschen für Menschen war ein mal...“ am Mittwoch immer noch: „Viel zu teure Schulbauten in Äthiopien, Ausbeutung von Tagelöhnern in den Projektgebieten, Investitionen in Protzbauten, Ausgaben in Millionenhöhe an der Buchhaltung der Stiftung vorbei, mangelnde Transparenz – 'Menschen für Menschen' hat aufgehört, im Sinne seiner Spender zu handeln.“ Auch wenn diese Vorwürfe jetzt entkräftet sind, machte das DZI Vorschläge zur Optimierung der Arbeit der Hilfsorganisation. So schlugen die Prüfer vor, bei Schulbauten günstigere Alternativen zu prüfen und offenere Ausschreibungsverfahren in die Wege zu leiten.
Sara Nuru, äthiopischstämmige „Germany's next Top Model“-Gewinnerin und seit 2009 „Menschen für Menschen“-Botschafterin, sagte bei der Pressekonferenz: „Heute ist ein sehr schöner Tag.“ Während mehrere prominente Unterstützer sich während der Vorwürfe abwandten, blieb sie der Organisation treu. „Ich war von Anfang an von der Arbeit überzeugt. Das Gutachten bestätigt, dass ich nicht danebenlag.“
Großspender Jürgen Wagentrotz hatte seinen Feldzug gegen Karlheinz Böhms Stiftung mit einer offensichtlich persönlichen Fehde gegen Almaz Böhm verbunden. Er wirft ihr vor, sich nicht genug um ihren 85 Jahre alten, kranken Mann zu kümmern. Ein Vorwurf, der Almaz Böhm besonders hart traf.