(ddp) Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan ist mit seinem Vorschlag für die Einrichtung türkischsprachiger Schulen in Deutschland auf harsche Kritik gestoßen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sprach von einem „kalkulierten Affront“ im Vorfeld des Türkei-Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), betonte, es gebe für in Deutschland lebende Türken keine Alternative zum Deutschlernen.
Spezielle Bildungsangebote
Dobrindt warf Erdogan vor, er wolle „die bei uns lebenden Türken für seine politischen Zwecke vor den Karren spannen“. Wer echte Integration wolle, müsse dafür sorgen, „dass türkische Kinder bei uns die deutsche Sprache lernen und nicht Türkisch“. Böhmer stellte klar, dass spezielle Bildungsangebote für türkischstämmige Kinder und Jugendliche nicht die Integration förderten. „Wir möchten, dass Schule ein Ort der Begegnung und des Miteinanders ist. Vielfalt anstatt Separation!“, gab die Staatsministerin als Devise aus.
Auch der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), warnte, türkische Schulen würden „eher die Parallelgesellschaft“ fördern. Erdogan hatte in einem „Zeit“-Interview seinen erstmals 2008 gemachten Vorschlag bekräftigt und mit den Sprachproblemen vieler der 2,7 Millionen in Deutschland lebenden Menschen mit türkischen Wurzeln begründet. „In der Türkei haben wir deutsche Gymnasien – warum sollte es keine türkischen Gymnasien in Deutschland geben?“, fragte er.
Scharfe Kritik an Erdogan kam auch aus der Lehrerschaft. Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, der rund 90 000 Gymnasiallehrer vertritt, sprach von einem „völlig falschen“ Ansatz. Ziel müsse sein, Kinder mit Migrationshintergrund verstärkt in der deutschen Sprache zu fördern und den Anteil türkischer Jugendlicher an den Gymnasien zu steigern.