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PARIS: Kritik an Geheimdienst und Polizei

PARIS

Kritik an Geheimdienst und Polizei

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    Der Polizeieinsatz ist in die Kritik geraten: Ein Polizist einer Spezialeinheit in dem Haus, in dem der Terrorist Merah erschossen wurde.
    Der Polizeieinsatz ist in die Kritik geraten: Ein Polizist einer Spezialeinheit in dem Haus, in dem der Terrorist Merah erschossen wurde. Foto: Foto: rtr

    Frankreich will nach der Mordserie von Toulouse im Eilverfahren neue Gesetze gegen islamistische Hassprediger verabschieden. Während Hunderte Menschen am Freitag in der südfranzösischen Stadt ihre Solidarität mit den Familien der Opfer bekundeten, begann die französische Politik mit der Aufarbeitung des Dramas.

    Die Staatsanwaltschaft verlängerte den Polizeigewahrsam für die Mutter des getöteten mutmaßlichen Serienmörders Mohamed Merah sowie seinen Bruder und dessen Frau. Der 29-jährige Bruder steht im Verdacht, muslimischen Extremisten nahezustehen.

    Premierminister François Fillon sagte, im Falle einer Zustimmung aller Parteien sei die Billigung eines Gesetzes gegen Hassprediger im Parlament noch vor der Präsidentenwahl am 22. April möglich. Ein Gesetzentwurf soll dem Kabinett in den kommenden zwei Wochen präsentiert werden.

    Präsident Nicolas Sarkozy hatte als Konsequenz aus den Serienmorden von Toulouse angekündigt, Hassprediger im Internet und Besucher entsprechender Websites bestrafen zu wollen. Zudem solle jeder bestraft werden, der sich im Ausland indoktrinieren lasse. Kritiker äußerten jedoch Zweifel an der Umsetzbarkeit der Pläne.

    Virginie Duval von der Richter-Gewerkschaft betonte, dass eine entsprechende Gesetzgebung bereits existiere. „Problematisch ist die Umsetzung“, meinte sie. Internet-Experten schlagen in die gleiche Kerbe und weisen auf technische Schwierigkeiten hin, solche Aktivitäten nachzuweisen.

    Merah hatte sich selbst als Mudschaheddin (Gotteskrieger) bezeichnet und der Polizei erklärt, dem Terrornetzwerk El-Kaida nahezustehen. Nach Behördenangaben gab es zunächst aber keine Beweise dafür.

    Der Franzose algerischer Abstammung stand unter Beobachtung der Geheimdienste, weil er in Afghanistan und Pakistan war und dort auch Terror-Camps besucht haben soll. Zuletzt war er nach Angaben von Innenminister Claude Guéant Ende vergangenen Jahres befragt worden.

    Fillon verteidigte das Vorgehen der Behörden gegen den Serienmörder, der am Donnerstag nach erbittertem Widerstand von einem Scharfschützen der Polizei erschossen worden war. Es sei für die Geheimdienste trotz der Überwachung des Mannes unmöglich gewesen, die brutale Mordserie vorherzusehen.

    „Er wurde befragt, überwacht, abgehört. Das ist ein Mann, der ein normales Leben führte“, sagte Fillon. Zudem sei in einem Rechtsstaat eine lückenlose 24-Stunden-Überwachung nicht problemlos möglich. „Die Tatsache, einer salafistischen Organisation anzugehören, ist nicht an sich ein Delikt. Wir dürfen nicht religiösen Fundamentalismus und Terrorismus vermengen.“

    Auch Merahs Reisen seien überwacht worden: „Mit Blick auf seine Reisen war er auch in Frankreich auf einer Liste.“ Wenn er an einem Airline-Schalter aufgetaucht wäre, wäre sofort der Inlandsgeheimdienst alarmiert worden. Merah hatte auch in den USA auf einer sogenannten No-fly-Liste des Geheimdienstes gestanden.

    Nichts an Merahs – auch von Alkohol geprägtem – Lebensstil deutete auf einen asketisch lebenden Gotteskrieger hin. „Wir konnten nicht schneller vorgehen“, verteidigt sich der Leiter des Inlands-Geheimdienstes DCRI, Bernard Squarcini.

    Verteidigungsminister Gérard Longuet gibt allerdings zu, dass die Ermittler anfangs viel Zeit verloren haben mit der Suche nach einem ehemaligen Militärangehörigen. Fast 20 000 Verdächtige wurden untersucht.

    Auch die Umstände der Polizeiaktion geraten in die Kritik. Warum hat man den Täter nicht mit Tränengas zum Aufgeben gezwungen, fragt etwa der frühere Leiter der Spezialeinheit GIGN, Christian Prouteau. „Wie kann es angehen, dass es der besten Einheit der Polizei nicht gelingt, einen einzigen Mann festzunehmen?“, warf er die Frage auf, die auch viele andere Franzosen bewegen dürfte.

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