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Leitartikel: Die Tageszeitung ist gut und stark

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Leitartikel: Die Tageszeitung ist gut und stark

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    Leitartikel: Die Tageszeitung ist gut und stark
    Leitartikel: Die Tageszeitung ist gut und stark

    Die Hiobsbotschaften reißen nicht ab, die Stimmung in der Verlagsbranche ist mancherorts ähnlich trist wie das aktuelle Novemberwetter. Denn das für viele Medienschaffende und Leser lange Zeit Unvorstellbare ist eingetreten: Renommierte Tageszeitungen verschwinden vom Markt oder stehen kurz davor. Wie die „Nürnberger Abendzeitung“ – eingestellt. Wie das einstige linksliberale Flaggschiff „Frankfurter Rundschau“ – insolvent. Und wie das angesehene Wirtschaftsblatt „Financial Times Deutschland“ – kurz vor dem Aus. Schon unken Experten, dies sei erst der Beginn eines „großen Zeitungssterbens“. Doch gemach, gemach, ihr Untergangspropheten. Nicht nur in dieser Krise wird sich zeigen: Totgesagte leben länger!

    Es ist unbestritten, dass das jahrhundertealte Erfolgsmodell Tageszeitung vor großen Herausforderungen steht. Ursache dafür ist vor allem ein tiefgreifender Strukturwandel, ausgelöst durch das Internet. Er lässt sich unter anderem an den Auflagenzahlen ablesen. Heute kauft ein Drittel weniger Menschen täglich in Deutschland eine Zeitung als vor 20 Jahren – das sind aber noch beachtliche 18,4 Millionen Exemplare. Gleichzeitig haben sich die Werbeerlöse innerhalb von zehn Jahren fast halbiert. Eine Entwicklung, auf die bislang nicht jedes Medienhaus mit zukunftsweisenden Konzepten reagiert hat. Vor allem mangelt es nach wie vor an innovativen Ideen, wie mit Qualitätsjournalismus im Internet nennenswert Geld zu verdienen ist.

    Unbestritten ist ferner, dass junge Leser nicht mehr so oft zur Tageszeitung greifen wie früher. Unter den Jugendlichen zwischen 14 und 19 Jahren informiert sich heute jeder Zweite aus der Zeitung, vor ein paar Jahren waren es drei von vier.

    Zugegeben: Das sind Fakten, die auf den ersten Blick für rosige, unbeschwerte Zukunftsaussichten nicht taugen. Trotzdem gibt es keinen Grund, in Trübsal zu versinken. Denn guter Journalismus, der seine Lotsenfunktion ernst nimmt, der den Menschen Orientierung gibt, der analysiert, einordnet und mutig für jene eintritt, die in unserer Gesellschaft sonst untergebuttert würden – ein solcher Journalismus wird gerade in Zeiten der digitalen Beliebigkeit dringender gebraucht denn je. Egal, ob gedruckt oder im Netz.

    Das gilt besonders für den Lokaljournalismus, wie eine Umfrage zeigt. Demnach sagen 85 Prozent der Leser, dass sie die Zeitung wegen der Berichte aus ihrem Ort und dessen Umgebung lesen. Die Zahl der Lokal-Interessierten ist seit 2003 sogar gestiegen. Dazu zählen neun von zehn Politikern, acht von zehn Führungskräften und sieben von zehn Topmanagern. Sie alle sind der Ansicht, dass ihr Heimatblatt eine wichtige Rolle in der Region spielt. Politische Meldungen landen dagegen auf Rang zwei.

    Das verwundert nicht. Die Bundesrepublik ist seit jeher ein Land der Regional- und Lokalzeitungen. Sie kommen auf eine Gesamtauflage von mehr als 13 Millionen Exemplaren. Die restlichen fünf Millionen verteilen sich auf überregionale Blätter und Kaufzeitungen wie beispielsweise die „Bild“.

    Verleger wie Journalisten könnten also ruhig etwas mehr Selbstbewusstsein demonstrieren statt zu lamentieren – und sich ein Beispiel an Dirk von Gehlen („Süddeutsche Zeitung“) nehmen, der treffend feststellt: „Die Idee Tageszeitung ist viel zu gut und viel zu stark, als dass sie von ein wenig Medienwandel oder der Krise eines Vertreters in Zweifel gezogen werden sollte.“

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